... newer stories
Donnerstag, 5. September 2013
Höhlenstern (14)
corona, 11:28h
Aufgeregt beginnt Alice zu tippen. Damian war wirklich ein Magier! Er konnte so faszinierende Dinge! Vieles hatte sie schon erleben dürfen, aber das Ereignis, welches sie heute aufschreiben wollte, war ein ganz besonderes Phänomen.
Endlich, endlich hatte Damian zugestimmt. Lange hatte er rigoros abgelehnt. Dabei war Alices Idee wirklich gut gewesen. Doch er hatte ihr gesagt, dass sie gar nicht umsetzbar sei. Sie hatte aber nicht locker gelassen und ihn immer wieder zu überzeugen versucht und schließlich hatte er, zögerlich zwar, aber immerhin, eingeräumt, man könne einen Versuch wagen.
Alice hatte vor kurzem gelernt in ihre Unterwelt zu reisen. Damian konnte es sowieso. Dieser Raum in ihrem Unterbewussten, den man durch Trance besuchen konnte, war ein faszinierender Ort. Der Schamanismus nimmt drei Bewusstseinsebenen an: Die Oberwelt, die Mittelwelt und die Unterwelt. Bei Reisen in die Unterwelt erlebt man keine Phantasie- oder Traumreise, sondern tritt ins Unterbewusstsein ein, in eine parallel laufende Welt. Dort findet man Kraft, Einsichten und Impulse das eigene Leben zum positiven zu verändern.
Sicher konnte man auch einfach so zur Erholung und um sich wohlzufühlen hinuntergehen, also lag der Gedanke doch nahe, dass sie sich dort unten genausogut treffen könnten. Energetisch versteht sich. Im Grunde hatte Alice Damian zu sich eingeladen. Doch er hatte ihr zunächst erklärt, dass er ihre Unterwelt nicht betreten würde. Das sei einzig und allein ihr Bereich in dem niemand außer ihr etwas zu suchen hätte, selbst er nicht.
Alice hatte das nicht verstehen wollen. Er sollte schließlich nicht dort einziehen, sondern lediglich auf einen kurzen Besuch vorbeikommen, so dass sie ihn fühlen konnte, seine Energie genießen konnte. Was auch immer er für falsch daran hielt, er würde ihr gewiss nicht schaden, wenn er sich mal kurz bei ihr aufhielt. Da Damian ein solches energetisches Treffen aber immerhin nicht mehr kategorisch ausschloss, war sie schnell besänftigt, als er zu erklären begann, auf welche Weise es vielleicht doch möglich war.
Damian würde einen eigenen Raum installieren, der sich in ihrer beider Unterbewusstsein, nämlich zwischen seiner und ihrer Unterwelt befand und von beiden Seiten aus betretbar war. So könnte er von seiner Seite kommend durch seine Tür eintreten und sie dasselbe auf ihrer Seite tun. Die Tür des anderen sei aber in jedem Fall tabu und würde niemals vom anderen geöffnet oder gar durchschritten werden. Er selber stellte sich, wenn er mit ihrem Unterbewussten sprach, auch ausschließlich in die Nähe ihrer Tür und ging nicht hindurch, sondern kommunizierte von da aus, ohne ihren Bereich zu betreten. Sie würde auch niemals alleine in den Raum gehen, sondern ihn nur betreten, wenn sie beide dort verabredet waren.
Alice war mit allem einverstanden, wenn sie es nur versuchen würden. Ob er nun zu ihr kam oder sie sich "auf neutralem Boden" trafen sollte ihr gleich sein. Er hatte sie dann gebeten, den Raum in ihrer Fantasie einzurichten, eine Zeichnung anzufertigen, aus der die beiden Eingänge ersichtlich wurden und die Anordnung der Möbel. Sie sollte sich ganz bildlich vorstellen, wie es dort aussehen würde, es aufzeichnen und ihm vorlegen. Nach ein paar kleinen Veränderungen hatte Damian ihre Zeichnung abgesegnet und ihr Treffen vorbereitet.
Sie hatte sich riesig gefreut. Bestimmt würde es klappen! Bisher hatte doch alles funktioniert, was er mit ihr magisches veranstaltet hatte. Und sie wollte ihm so gern begegnen, dass es allein schon deshalb klappen musste. Sie war bereit.
Alice sollte wie gewohnt durch das Loch im Boden und die Steintreppe ihre Unterwelt aufsuchen und dort auf direktem Wege zum gemeinsamen Raum kommen. Sie hatte sich zwar gefragt wie sie ihn finden sollte, aber Damian war guter Dinge gewesen, dass das schon klappen würde. Und hatte mal wieder Recht behalten.
Als Alice ihre Unterwelt betrat, war dort ein Herbstwald. Der Boden war von weichem bunten Laub bedeckt. Der Wald war ganz offenbar der Weg zueinander, das Symbol in ihrem Herzen. Sie war dort unten dann einfach einem starken Sog gefolgt. Es war eine wirklich starke körperliche Empfindung gewesen, sie fühlte sich wie an einer Schnur herangezogen.
An ihrer Tür angekommen betrat sie den Raum und fühlte sofort sehr deutliche Vibrationen zwischen ihren Beinen. Sie hatte direkt den dringenden Wunsch, dies in einen Orgasmus umzuwandeln. Wow, das war intensiv! Doch schon fühlte sie sich umhüllt, eingefangen, fest umschlossen von Damians Energie; sie konnte diese Berührung buchstäblich physisch spüren. Es glich einem festen Mantel der eng um sie gelegt wurde. Das war ein unbeschreiblich angenehmes und wohltuendes Gefühl, so willkommen wie nur irgend denkbar. Er fühlte sich sooooooooo gut an...
Sie konnte die umfassenden Gefühle kaum sortieren, es war eine Mischung aus starker Erotik, Anziehung, Vertrautheit, liebevollem einander Zuwenden, das Gefühl, dort unten seine kleine Skalvin sein zu dürfen, vereint zu sein. Es war eine nicht in Worte zu fassende, absolut faszinierende Begegnung gewesen. So unbeschreiblich vereinigend, etwas in ihr wurde rund, etwas wurde ganz.
Alice kommen beim Schreiben die Tränen, sie ist so nachhaltig beeindruckt, dass sie ein Ventil braucht. Dennoch tippt sie weiter.
Das Ganze war seltsamerweise nicht überraschend für sie, es kam ihr beim Erleben ehr erwartet vor, wie ein logischer emotionaler nächster Schritt. Das nahm allerdings nichts von der Faszination, im Gegenteil. Es war so allumfassend und eindringlich, Damian so zu spüren, so zu begegnen. Natürlich hatte sie nicht wissen können, dass sie einmal einen Mann im energetischen Raum treffen würde, das ganze hocherotisch und extrem beeindruckend finden würde, aber Damian zu fühlen war so wie einen lange erwarteten sehr lieben Freund endlich wieder zu haben.
Irgendwann hatte sie den Raum und ihre Unterwelt wieder verlassen, denn Damian hatte ihr eine Zeitvorgabe gemacht, nach deren gefühltem Ablauf sie wieder ins Hier und Jetzt zurückkehren und sich bei ihm im Chat melden sollte. Sie war erschreckend zittrig und durcheinander gewesen, regelrecht durchgewirbelt von dieser begeisternden Erfahrung.
Nachdem sie ihm ihre Erlebnisse geschildert hatte, hatte er ihr verraten, was er dort unten genau mit ihr angestellt hatte, und Alice hatte kaum glauben können wie deckungsgleich die Erlebnisse waren!
Damian hatte ebenfalls den gemeinsamen Raum betreten, Alice langsam an sich heran gezogen und sie auf seinen Schoß gesetzt, sie umarmt und geküsst. Dann hatte er sie vor sich auf die Knie gehen lassen, durch den Raum kriechen lassen, zu sich zurückkommen lassen und sie übers Bett gelegt. Dort hatte er sie angefasst, im Schritt, am Po, am ganzen Körper gestreichelt und sehr fest angefasst.
Danach hatte er Alice aufgeholfen. Dann hatte ihre Energie plötzlich Form angenommen; Alices Gestalt war als orangener dreidimensionaler Rauch erschienen, was selbst Damian mit seinen unzähligen magischen Erfahrungen als äußerst intensiv beschrieb.
Damian hatte Alice geküsst und sehr feste gehalten, um sie danach zu ihrer Tür zu führen.
Das einzige, was Alice an ihrer Begegnung mit Damian nicht gefallen hatte, war, dass sie viel zu kurz gewesen war. Wenns nach Alice gegangen wäre hätte sie noch Stunden da bei Damian bleiben können.
Trotzdem war sie selig, dass es überhaupt geklappt hatte. Ihm so zauberhaft nah sein zu können, ihn intensiv zu fühlen und diesen Raum dafür zu haben war einfach nur entzückend. Sie wusste auch nicht, wievielen Menschen so eine wunderbare Art der Begegnung überhaupt vergönnt war und schätzte sich sehr glücklich, das erlebt haben zu dürfen.
Nach gewöhnlichen Gesichtspunkten war er doch eigentlich sehr weit weg, hunderte Kilometer trennten sie. Doch sie hatte ihn im Raum so fühlen können, als ob er sie tatsächlich berührt, als ob er sie wahrhaftig umarmt hätte. Diese besondere Ebene der Wahrnehmung war ziemlich beglückend für Alice. Sie hatte sich so unendlich wohl gefühlt bei Damian.
Hinterher war sie allerdings brausig aufgewühlt. Die Begegnung selber war ganz sanft und fest gewesen, ihre Gefühle hinterher glichen ehr einem zerzausten, flatterigen Vögelchen, welches sich eben noch mitten im Tornado befunden hatte.
Berauschend. Berauschend war das richtige Wort für das Erlebnis, welches sie eingesaugt, gefesselt und dann, ordentlich durchgerüttelt, wieder ausgespuckt hatte.
Durchdrungen von zufriedener Dankbarkeit schließt Alice den Rechner.
Endlich, endlich hatte Damian zugestimmt. Lange hatte er rigoros abgelehnt. Dabei war Alices Idee wirklich gut gewesen. Doch er hatte ihr gesagt, dass sie gar nicht umsetzbar sei. Sie hatte aber nicht locker gelassen und ihn immer wieder zu überzeugen versucht und schließlich hatte er, zögerlich zwar, aber immerhin, eingeräumt, man könne einen Versuch wagen.
Alice hatte vor kurzem gelernt in ihre Unterwelt zu reisen. Damian konnte es sowieso. Dieser Raum in ihrem Unterbewussten, den man durch Trance besuchen konnte, war ein faszinierender Ort. Der Schamanismus nimmt drei Bewusstseinsebenen an: Die Oberwelt, die Mittelwelt und die Unterwelt. Bei Reisen in die Unterwelt erlebt man keine Phantasie- oder Traumreise, sondern tritt ins Unterbewusstsein ein, in eine parallel laufende Welt. Dort findet man Kraft, Einsichten und Impulse das eigene Leben zum positiven zu verändern.
Sicher konnte man auch einfach so zur Erholung und um sich wohlzufühlen hinuntergehen, also lag der Gedanke doch nahe, dass sie sich dort unten genausogut treffen könnten. Energetisch versteht sich. Im Grunde hatte Alice Damian zu sich eingeladen. Doch er hatte ihr zunächst erklärt, dass er ihre Unterwelt nicht betreten würde. Das sei einzig und allein ihr Bereich in dem niemand außer ihr etwas zu suchen hätte, selbst er nicht.
Alice hatte das nicht verstehen wollen. Er sollte schließlich nicht dort einziehen, sondern lediglich auf einen kurzen Besuch vorbeikommen, so dass sie ihn fühlen konnte, seine Energie genießen konnte. Was auch immer er für falsch daran hielt, er würde ihr gewiss nicht schaden, wenn er sich mal kurz bei ihr aufhielt. Da Damian ein solches energetisches Treffen aber immerhin nicht mehr kategorisch ausschloss, war sie schnell besänftigt, als er zu erklären begann, auf welche Weise es vielleicht doch möglich war.
Damian würde einen eigenen Raum installieren, der sich in ihrer beider Unterbewusstsein, nämlich zwischen seiner und ihrer Unterwelt befand und von beiden Seiten aus betretbar war. So könnte er von seiner Seite kommend durch seine Tür eintreten und sie dasselbe auf ihrer Seite tun. Die Tür des anderen sei aber in jedem Fall tabu und würde niemals vom anderen geöffnet oder gar durchschritten werden. Er selber stellte sich, wenn er mit ihrem Unterbewussten sprach, auch ausschließlich in die Nähe ihrer Tür und ging nicht hindurch, sondern kommunizierte von da aus, ohne ihren Bereich zu betreten. Sie würde auch niemals alleine in den Raum gehen, sondern ihn nur betreten, wenn sie beide dort verabredet waren.
Alice war mit allem einverstanden, wenn sie es nur versuchen würden. Ob er nun zu ihr kam oder sie sich "auf neutralem Boden" trafen sollte ihr gleich sein. Er hatte sie dann gebeten, den Raum in ihrer Fantasie einzurichten, eine Zeichnung anzufertigen, aus der die beiden Eingänge ersichtlich wurden und die Anordnung der Möbel. Sie sollte sich ganz bildlich vorstellen, wie es dort aussehen würde, es aufzeichnen und ihm vorlegen. Nach ein paar kleinen Veränderungen hatte Damian ihre Zeichnung abgesegnet und ihr Treffen vorbereitet.
Sie hatte sich riesig gefreut. Bestimmt würde es klappen! Bisher hatte doch alles funktioniert, was er mit ihr magisches veranstaltet hatte. Und sie wollte ihm so gern begegnen, dass es allein schon deshalb klappen musste. Sie war bereit.
Alice sollte wie gewohnt durch das Loch im Boden und die Steintreppe ihre Unterwelt aufsuchen und dort auf direktem Wege zum gemeinsamen Raum kommen. Sie hatte sich zwar gefragt wie sie ihn finden sollte, aber Damian war guter Dinge gewesen, dass das schon klappen würde. Und hatte mal wieder Recht behalten.
Als Alice ihre Unterwelt betrat, war dort ein Herbstwald. Der Boden war von weichem bunten Laub bedeckt. Der Wald war ganz offenbar der Weg zueinander, das Symbol in ihrem Herzen. Sie war dort unten dann einfach einem starken Sog gefolgt. Es war eine wirklich starke körperliche Empfindung gewesen, sie fühlte sich wie an einer Schnur herangezogen.
An ihrer Tür angekommen betrat sie den Raum und fühlte sofort sehr deutliche Vibrationen zwischen ihren Beinen. Sie hatte direkt den dringenden Wunsch, dies in einen Orgasmus umzuwandeln. Wow, das war intensiv! Doch schon fühlte sie sich umhüllt, eingefangen, fest umschlossen von Damians Energie; sie konnte diese Berührung buchstäblich physisch spüren. Es glich einem festen Mantel der eng um sie gelegt wurde. Das war ein unbeschreiblich angenehmes und wohltuendes Gefühl, so willkommen wie nur irgend denkbar. Er fühlte sich sooooooooo gut an...
Sie konnte die umfassenden Gefühle kaum sortieren, es war eine Mischung aus starker Erotik, Anziehung, Vertrautheit, liebevollem einander Zuwenden, das Gefühl, dort unten seine kleine Skalvin sein zu dürfen, vereint zu sein. Es war eine nicht in Worte zu fassende, absolut faszinierende Begegnung gewesen. So unbeschreiblich vereinigend, etwas in ihr wurde rund, etwas wurde ganz.
Alice kommen beim Schreiben die Tränen, sie ist so nachhaltig beeindruckt, dass sie ein Ventil braucht. Dennoch tippt sie weiter.
Das Ganze war seltsamerweise nicht überraschend für sie, es kam ihr beim Erleben ehr erwartet vor, wie ein logischer emotionaler nächster Schritt. Das nahm allerdings nichts von der Faszination, im Gegenteil. Es war so allumfassend und eindringlich, Damian so zu spüren, so zu begegnen. Natürlich hatte sie nicht wissen können, dass sie einmal einen Mann im energetischen Raum treffen würde, das ganze hocherotisch und extrem beeindruckend finden würde, aber Damian zu fühlen war so wie einen lange erwarteten sehr lieben Freund endlich wieder zu haben.
Irgendwann hatte sie den Raum und ihre Unterwelt wieder verlassen, denn Damian hatte ihr eine Zeitvorgabe gemacht, nach deren gefühltem Ablauf sie wieder ins Hier und Jetzt zurückkehren und sich bei ihm im Chat melden sollte. Sie war erschreckend zittrig und durcheinander gewesen, regelrecht durchgewirbelt von dieser begeisternden Erfahrung.
Nachdem sie ihm ihre Erlebnisse geschildert hatte, hatte er ihr verraten, was er dort unten genau mit ihr angestellt hatte, und Alice hatte kaum glauben können wie deckungsgleich die Erlebnisse waren!
Damian hatte ebenfalls den gemeinsamen Raum betreten, Alice langsam an sich heran gezogen und sie auf seinen Schoß gesetzt, sie umarmt und geküsst. Dann hatte er sie vor sich auf die Knie gehen lassen, durch den Raum kriechen lassen, zu sich zurückkommen lassen und sie übers Bett gelegt. Dort hatte er sie angefasst, im Schritt, am Po, am ganzen Körper gestreichelt und sehr fest angefasst.
Danach hatte er Alice aufgeholfen. Dann hatte ihre Energie plötzlich Form angenommen; Alices Gestalt war als orangener dreidimensionaler Rauch erschienen, was selbst Damian mit seinen unzähligen magischen Erfahrungen als äußerst intensiv beschrieb.
Damian hatte Alice geküsst und sehr feste gehalten, um sie danach zu ihrer Tür zu führen.
Das einzige, was Alice an ihrer Begegnung mit Damian nicht gefallen hatte, war, dass sie viel zu kurz gewesen war. Wenns nach Alice gegangen wäre hätte sie noch Stunden da bei Damian bleiben können.
Trotzdem war sie selig, dass es überhaupt geklappt hatte. Ihm so zauberhaft nah sein zu können, ihn intensiv zu fühlen und diesen Raum dafür zu haben war einfach nur entzückend. Sie wusste auch nicht, wievielen Menschen so eine wunderbare Art der Begegnung überhaupt vergönnt war und schätzte sich sehr glücklich, das erlebt haben zu dürfen.
Nach gewöhnlichen Gesichtspunkten war er doch eigentlich sehr weit weg, hunderte Kilometer trennten sie. Doch sie hatte ihn im Raum so fühlen können, als ob er sie tatsächlich berührt, als ob er sie wahrhaftig umarmt hätte. Diese besondere Ebene der Wahrnehmung war ziemlich beglückend für Alice. Sie hatte sich so unendlich wohl gefühlt bei Damian.
Hinterher war sie allerdings brausig aufgewühlt. Die Begegnung selber war ganz sanft und fest gewesen, ihre Gefühle hinterher glichen ehr einem zerzausten, flatterigen Vögelchen, welches sich eben noch mitten im Tornado befunden hatte.
Berauschend. Berauschend war das richtige Wort für das Erlebnis, welches sie eingesaugt, gefesselt und dann, ordentlich durchgerüttelt, wieder ausgespuckt hatte.
Durchdrungen von zufriedener Dankbarkeit schließt Alice den Rechner.
... link
Dornenfessel (13)
corona, 11:27h
Alice öffnet den Laptop. Seit ein paar Tagen schon sinnierte sie über die Frage, wer sie eigentlich genau war. Vor kurzem hatte jemand über Damian den Satz gesagt: "Wer sich längere Zeit mit Damian beschäftigt wird selten ohne Metarmorphose davonkommen." Das konnte sie nur bestätigen und hinzufügen, dass es eine besondere Gültigkeit besaß, wenn man, so wie Alice selbst, nahezu versessen darauf war sich zu entwickeln. Sie wusste zwar nicht so ganz genau wo sie überhaupt hinwollte, war aber laut Damian losgeprescht wie ein Windhund auf der Rennbahn. Auch wenn sie es in den vergangenen Monaten nie so empfunden hatte, sah Alice inzwischen ein, dass er Recht gehabt hatte. Es war wirklich einiges passiert.
Als sie ihm fast beiläufig davon erzählt hatte, dass sie sich seit kurzem ein wenig fremd vorkam, hatte ihn das aufhorchen lassen. Er hatte es ganz genau wissen wollen und war fast ein wenig ungehalten, weil er offenbar den Eindruck gehabt hatte, Alice wiegele ab, beschönige und spiele herunter. Er hatte zügige und ehrliche Antworten auf seine Fragen gefordert, die dann auch sogleich auf sie eingeprasselt waren.
Vor allem wollte er wissen, ob und inwieweit Alice sich als manipuliert empfand und ob sie vielleicht das Gefühl habe, dass ihr etwas Fremdes übergestülpt worden wäre. Außerdem interessierte ihn, ob sie sich vielleicht weniger selbst entwickelt hatte, als sich viel mehr lediglich eine neue Haltung aufgeschminkt habe.
So gut sie konnte hatte sie ihm Auskunft gegeben und dabei nicht wirklich verstanden, warum er das Ganze für so wichtig erachtete. Sie hatte argumentiert, dass es doch nicht allzu ungewöhnlich sei, sich mal langsamer und mal schneller zu entwickeln und dass man, wenn es denn mal etwas zügiger ging, vielleicht ein wenig Anpassungszeit brauchte um sich selbst wieder neu kennen zu lernen. Sie vermutete, dass ihr Kopf einfach nicht so schnell hinter ihrem Bauch herkam, wie es ihm lieb gewesen wäre. Aber das würde schon werden, da war sie sicher.
Beunruhigt war sie dadurch jedenfalls nicht. Außerdem gefielen ihr ja die meisten Veränderungen ausgesprochen gut. Sie überblickte zwar noch nicht alles, hatte wohl sogar manche Entwicklung bereits wieder vergessen oder gar nicht so deutlich wahrgenommen und glaubte demzufolge fast, es sei schon immer so gewesen.
Trotzdem hatte Damian entschieden, dass es vorerst weder Eingebungen noch Reisen in die Unterwelt für Alice geben würde. Sie und vor allem ihr Unterbewusstes hätten nun Pause bis sie sich wieder stabilisiert hätten. Na toll. Das war nun wirklich das Letzte was Alice wollte. Sie fühlte sich gar nicht instabil, sie war bloß dabei die neuen Anteile in sich kennen zu lernen. Es machte ihr weder Angst noch sonst irgendein ungutes Gefühl und sie wollte einfach weitermachen ohne das Tempo zu drosseln.
Damian hatte jedoch sehr deutlich gemacht, dass das was sie wollte gerade überhaupt nicht von Belang war und vehement ihre Zustimmung eingefordert, vorerst nicht in die Unterwelt zu reisen. Sie hatte ihm das zögernd zugesagt, und sich etwas darüber gewundert, dass sie sich dazu durchringen konnte. Offenbar schaffte sie es, sich auch dann seiner Führung zu überlassen, wenn ihr Richtung und Gangart die er einschlug so gar nicht gefielen.
Ein paar Chats später waren sie noch einmal auf dieses Thema zurückgekommen, natürlich, denn Alice wollte ja wieder reisen und einfach mit dem weitermachen was ihr im Moment verboten war. Aber auch Damian beschäftigte die Angelegenheit immer noch. Ganz offenbar sah er sich in großer Verantwortung und wollte dieser auch zu hundert Prozent gerecht werden und ganz sicher gehen, sie nicht versehentlich zu destabilisieren. Er hatte sich zwar nicht deutlich dazu geäußert, aber Alice hatte dennoch das Gefühl gehabt, dass sie ihm möglicherweise vermittelt hatte, das, was sie da seit Monaten miteinander machten habe nun negative Auswirkungen.
Himmel, das hatte sie nun wirklich nicht damit sagen wollen! Ganz im Gegenteil, sie fand die Gesamtentwicklung fantastisch! Er konnte doch nicht allen Ernstes so irritiert über ihre Äußerung sein, dass er verkannte, wie großartig das Alles war?
Dennoch hatte sie zugegeben, dass es sich für sie irgendwie richtig anfühlte, eine Weile Magie Magie sein zu lassen, sie aber andererseits darauf brannte anzuknüpfen und nicht zuviel Zeit verstreichen zu lassen, denn verarbeiten könne sie sicher demnächst noch genug. Im Grunde wollte sie jetzt erstmal weiter erleben. Er war aber unnachgiebig geblieben und hatte ihr mitgeteilt, dass sie noch warten müsse bis er ihr ausdrücklich erlaubte die Reisen wieder aufzunehmen.
Sie hätte sich in den Arsch beißen können, weil Damian sich nun einen Kopf machte, unnötig wie sie fand und die ganze Sache eine viel größere Bedeutung bekam als ihr Alices Ansicht nach zustand. Und sie hatte ihm genau das gesagt. "Ich könnte mich in den Arsch beißen, überhaupt davon erzählt zu haben." Unüberlegt hatte sie diesen Satz so dahingetippt. Und prompt die Quittung erhalten.
Damian war alles andere als erfreut über diesen Kommentar und hätte sie, wie er sagte, nur zu gern in greifbarer Nähe gehabt, um sie dafür zu strafen. Er hatte ihr, als sie mit den Eingebungen begonnen hatten, sehr deutlich gesagt, dass sie ihm jedes irritierende Gefühl sofort mitzuteilen hätte und auch nur ansatzweise in Erwägung zu ziehen dies zu unterlassen mache ihn wild darauf, Alice rücklings über den Tisch zu binden und mit Klammern und Strom zu quälen.
Manchmal war Alice sehr froh weit weg zu sein und seine strenge Autorität ein wenig gefiltert zu erleben. Er war auch so deutlich genug gewesen und bestand darauf, dass sie die Dinge nicht auf die leichte Schulter nahm und vor allem erste Anzeichen eines sich eventuell gerade ankündigendens "zu schnell" oder "zu viel" ernst nahm und sich entsprechend verhielt. Hatte sie im Grunde ja auch. Sie hatte ihm doch erzählt was in ihr vorging. Und sie war sehr froh darüber.
Sie mochte sich nichtmal vorstellen, wie er reagiert hätte wenn sie ihm diese Informationen tatsächlich zunächst vorenthalten hätte. Außerdem traute sie ihm manchmal mehr als sich selbst. Ihr gefiel zwar die Zwangspause gerade so überhaupt nicht, aber wenn sie ganz ehrlich zu sich selber war tat es ihr trotzdem gut einmal alles Erlebte sacken zu lassen. Er hatte das nur mal wieder schneller gewusst. Und er hätte, gesetzt dem Fall sie wäre physisch bei ihm gewesen, nicht gezögert der Richtigkeit und Wichtigkeit seiner Einschätzung handfest Nachdruck zu verleihen. Seine Beschreibungen hatten ihr einen kleinen Einblick vermittelt und ihre überaktive Fantasie hatte dazu beigetragen, dass sie Grusel vor einem tatsächlichen Erlebnis dieser Art empfand.
Klammern machten bestimmt einen ganz ekelhaften Schmerz und Alice wollte an die möglichen Stellen, die er wählen würde nicht einmal denken. Ganz zu schweigen von Strom. Trotzdem sah sie ihn vor ihrem inneren Auge und war sich sehr sicher, wie die Situation ablaufen würde. Klammern rauf, böse gucken, zwei tadelnde Sätze, ein Versprechen ihrerseits, Klammern runter und gut wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht seine Art die Angelegenheit handzuhaben.
Nein, er würde das Ganze zelebrieren, sich Zeit lassen, den Moment auskosten und sie leiden lassen. Sie würde für ihre sorglose Unüberlegtheit und ihre leichtsinnige Haltung bezahlen und zukünftig genauer nachdenken und Risiken verantwortlicher abwägen. Damian würde mit ruhiger, aber sadistischer Hartnäckigkeit dafür sorgen, dass sie begriff, dessen war sie sich gewiss. Doch vorerst war sie sicher vor dieser Art von Behandlung. Dachte sie.
Am nächsten Tag hatte Damian das Thema nochmal ausgepackt und schon bei seiner Frage, wo Alice ihre Wäsche zum trocknen aufhänge, war ihr klar gewesen, was nun käme. Er hatte sie eine Holzklammer holen lassen, Holz, keinesfalls Plastik, darauf hatte er bestanden und Alice musste ihre rechte Brust frei machen. Ein dürftiger und alles andere als überzeugender Impuls des Widerstandes hatte sich schwächlich in ihr bemerkbar gemacht, war aber von der erschreckend gewaltigen Bereitschaft sich zu fügen weggefegt worden.
Soweit Alice sich erinnerte hatte sie nicht einmal den müden Versuch unternommen das Kommende abzuwehren und obwohl sie mit Schaudern und voller Argwohn dem bisher unbekannten Schmerz zu entrinnen hoffte hatte sie Damian nahezu widerspruchslos gehorcht.
Ein Funken Restverstand war zwischen der Fülle der Gefühle von Scham, Fügsamkeit und Erkennen aufgeglimmt und hatte ihr die Frage gestellt, was sie da eigentlich gerade machte. Alice hatte keine Zeit zu antworten, sie war damit beschäftigt Damians Anweisungen umzusetzen, was ihre Ratio umso absonderlicher fand. Dieser Teil von ihr hatte es sodann vorgezogen das Schauspiel von Außen zu betrachten und kopfschüttelnd auf die törichte Absurdität zu blicken, die sich ihm soeben darbot, es schenkte ihm ohnehin gerade niemand Gehör.
Alice hatte sich also voller Verlegenheit und zittrig die Holzklammer auf den äußeren rechten Brusthof geklemmt und mit großem Erstaunen festgestellt, dass der bissige, kneifende Schmerz den sie befürchtet hatte ausgeblieben war. Es tat nicht im Geringsten weh. Sie hatte aber keine Zeit dazu gehabt, ausgiebig über diesen Irrtum nachzudenken, denn Damian forderte Berichterstattung und befahl ihr unverzüglich, die Klammer nun direkt auf dem Nippel zu platzieren.
Getäuscht von der vorausgegangenen Erfahrung des ausgebliebenen Schmerzes gehorchte sie ohne zu zögern, ließ die Klammer zuschnappen und musste ein Aufjaulen unterdrücken. Ihgitt! Was für ein abscheulicher Schmerz! Sie beeilte sich Damian zu beschreiben was sie empfand und er erlaubte ihr dem Himmel sei Dank die Klammer direkt wieder abzunehmen und die Stelle zu massieren. Es zwickte und zwackte und Alice empfand eine Welle der Dankbarkeit darüber, dass Damian ihrem Leid so schnell ein Ende gemacht hatte. Diesmal.
War sie auch immer noch von Scham und Irritation vernebelt, wusste sie doch zweifellos, dass sie diesem Schmerz nicht zum letzten Mal begegnet war. Beschämt und verunsichert wartete sie darauf, dass ihr Verstand seinen angestammten Platz wieder einnahm und ihr dabei half, die Fassung zurückzugewinnen.
Das war keine Strafe gewesen. Es diente lediglich dazu, Damian ein erstes Bild darüber zu vermitteln, wie Alice diese Art von Schmerz empfand und verarbeitete. Und es diente dazu, kommende Erlebnisse ähnlicher Art einzuleiten. Unbekümmert hatte Damian ihr gesagt, dass normalerweise er derjenige sei, der die Klammern setze, da sie aber so weit weg sei, müsse sie nun eben selbst herhalten.
Unbekümmert war Alice ganz und gar nicht gewesen. Eine tiefe Irritation hatte sie ergriffen. Auch wenn sie nicht zum ersten Mal Damians Anweisungen umgesetzt hatte, diesmal hatte es ihr, nein, hatte sie sich selbst den Boden unter den Füßen weggezogen.
Ihr war nicht klar gewesen, wie fügsam sie sein konnte und sie wusste wirklich nicht ob ihr diese Fähigkeit gefiel. Den ganzen Nachmittag über hatte sie immer wieder daran denken müssen und sie hätte darauf gewettet, dass sie jedesmal zutiefst errötet war.
Diese Mischung aus Scham, Erregung, Hilflosigkeit und Dankbarkeit verwirrte sie zutiefst, und die Tatsache, dass zusätzliche Emotionen zwar Raum in ihr beanspruchten, sich aber nicht in erfassbarer Klarheit zu erkennen gaben, hatte sie taumeln lassen. Ihre mannigfaltigen und zum Teil gegensätzlichen Empfindungen waren für sie kaum sortierbar, geschweige denn analysierbar und hatten sich so sehr vermischt, dass Alice es vorerst aufgegeben hatte ein Verstehen erzwingen zu wollen.
Das Wechselbad der Gefühle hatte angedauert, bis Damian ein paar Worte dazu verloren hatte und ihr erklärt hatte, dass ihm ihre Folgsamkeit durchaus gefalle und ihr damit ein außerordentlich beruhigendes Gefühl von Angekommen sein und entkrampfter Stille geschenkt hatte.
Die Erkenntnis, dass genau das ihre Irritation eigentlich ins Heillose hätten steigern müssen, weil sie rundum zufrieden damit war, dass es ihm gefallen hatte und die Frage, ob sie selber diesen bereitwilligen Gehorsam an sich mochte vollständig verdrängt hatte, diese Erkenntnis hatte sie ersteinmal desinteressiert an sich vorbeiziehen lassen. Damit könnte sie sich ein anderes mal befassen.
Alice schließt ihren Laptop.
Als sie ihm fast beiläufig davon erzählt hatte, dass sie sich seit kurzem ein wenig fremd vorkam, hatte ihn das aufhorchen lassen. Er hatte es ganz genau wissen wollen und war fast ein wenig ungehalten, weil er offenbar den Eindruck gehabt hatte, Alice wiegele ab, beschönige und spiele herunter. Er hatte zügige und ehrliche Antworten auf seine Fragen gefordert, die dann auch sogleich auf sie eingeprasselt waren.
Vor allem wollte er wissen, ob und inwieweit Alice sich als manipuliert empfand und ob sie vielleicht das Gefühl habe, dass ihr etwas Fremdes übergestülpt worden wäre. Außerdem interessierte ihn, ob sie sich vielleicht weniger selbst entwickelt hatte, als sich viel mehr lediglich eine neue Haltung aufgeschminkt habe.
So gut sie konnte hatte sie ihm Auskunft gegeben und dabei nicht wirklich verstanden, warum er das Ganze für so wichtig erachtete. Sie hatte argumentiert, dass es doch nicht allzu ungewöhnlich sei, sich mal langsamer und mal schneller zu entwickeln und dass man, wenn es denn mal etwas zügiger ging, vielleicht ein wenig Anpassungszeit brauchte um sich selbst wieder neu kennen zu lernen. Sie vermutete, dass ihr Kopf einfach nicht so schnell hinter ihrem Bauch herkam, wie es ihm lieb gewesen wäre. Aber das würde schon werden, da war sie sicher.
Beunruhigt war sie dadurch jedenfalls nicht. Außerdem gefielen ihr ja die meisten Veränderungen ausgesprochen gut. Sie überblickte zwar noch nicht alles, hatte wohl sogar manche Entwicklung bereits wieder vergessen oder gar nicht so deutlich wahrgenommen und glaubte demzufolge fast, es sei schon immer so gewesen.
Trotzdem hatte Damian entschieden, dass es vorerst weder Eingebungen noch Reisen in die Unterwelt für Alice geben würde. Sie und vor allem ihr Unterbewusstes hätten nun Pause bis sie sich wieder stabilisiert hätten. Na toll. Das war nun wirklich das Letzte was Alice wollte. Sie fühlte sich gar nicht instabil, sie war bloß dabei die neuen Anteile in sich kennen zu lernen. Es machte ihr weder Angst noch sonst irgendein ungutes Gefühl und sie wollte einfach weitermachen ohne das Tempo zu drosseln.
Damian hatte jedoch sehr deutlich gemacht, dass das was sie wollte gerade überhaupt nicht von Belang war und vehement ihre Zustimmung eingefordert, vorerst nicht in die Unterwelt zu reisen. Sie hatte ihm das zögernd zugesagt, und sich etwas darüber gewundert, dass sie sich dazu durchringen konnte. Offenbar schaffte sie es, sich auch dann seiner Führung zu überlassen, wenn ihr Richtung und Gangart die er einschlug so gar nicht gefielen.
Ein paar Chats später waren sie noch einmal auf dieses Thema zurückgekommen, natürlich, denn Alice wollte ja wieder reisen und einfach mit dem weitermachen was ihr im Moment verboten war. Aber auch Damian beschäftigte die Angelegenheit immer noch. Ganz offenbar sah er sich in großer Verantwortung und wollte dieser auch zu hundert Prozent gerecht werden und ganz sicher gehen, sie nicht versehentlich zu destabilisieren. Er hatte sich zwar nicht deutlich dazu geäußert, aber Alice hatte dennoch das Gefühl gehabt, dass sie ihm möglicherweise vermittelt hatte, das, was sie da seit Monaten miteinander machten habe nun negative Auswirkungen.
Himmel, das hatte sie nun wirklich nicht damit sagen wollen! Ganz im Gegenteil, sie fand die Gesamtentwicklung fantastisch! Er konnte doch nicht allen Ernstes so irritiert über ihre Äußerung sein, dass er verkannte, wie großartig das Alles war?
Dennoch hatte sie zugegeben, dass es sich für sie irgendwie richtig anfühlte, eine Weile Magie Magie sein zu lassen, sie aber andererseits darauf brannte anzuknüpfen und nicht zuviel Zeit verstreichen zu lassen, denn verarbeiten könne sie sicher demnächst noch genug. Im Grunde wollte sie jetzt erstmal weiter erleben. Er war aber unnachgiebig geblieben und hatte ihr mitgeteilt, dass sie noch warten müsse bis er ihr ausdrücklich erlaubte die Reisen wieder aufzunehmen.
Sie hätte sich in den Arsch beißen können, weil Damian sich nun einen Kopf machte, unnötig wie sie fand und die ganze Sache eine viel größere Bedeutung bekam als ihr Alices Ansicht nach zustand. Und sie hatte ihm genau das gesagt. "Ich könnte mich in den Arsch beißen, überhaupt davon erzählt zu haben." Unüberlegt hatte sie diesen Satz so dahingetippt. Und prompt die Quittung erhalten.
Damian war alles andere als erfreut über diesen Kommentar und hätte sie, wie er sagte, nur zu gern in greifbarer Nähe gehabt, um sie dafür zu strafen. Er hatte ihr, als sie mit den Eingebungen begonnen hatten, sehr deutlich gesagt, dass sie ihm jedes irritierende Gefühl sofort mitzuteilen hätte und auch nur ansatzweise in Erwägung zu ziehen dies zu unterlassen mache ihn wild darauf, Alice rücklings über den Tisch zu binden und mit Klammern und Strom zu quälen.
Manchmal war Alice sehr froh weit weg zu sein und seine strenge Autorität ein wenig gefiltert zu erleben. Er war auch so deutlich genug gewesen und bestand darauf, dass sie die Dinge nicht auf die leichte Schulter nahm und vor allem erste Anzeichen eines sich eventuell gerade ankündigendens "zu schnell" oder "zu viel" ernst nahm und sich entsprechend verhielt. Hatte sie im Grunde ja auch. Sie hatte ihm doch erzählt was in ihr vorging. Und sie war sehr froh darüber.
Sie mochte sich nichtmal vorstellen, wie er reagiert hätte wenn sie ihm diese Informationen tatsächlich zunächst vorenthalten hätte. Außerdem traute sie ihm manchmal mehr als sich selbst. Ihr gefiel zwar die Zwangspause gerade so überhaupt nicht, aber wenn sie ganz ehrlich zu sich selber war tat es ihr trotzdem gut einmal alles Erlebte sacken zu lassen. Er hatte das nur mal wieder schneller gewusst. Und er hätte, gesetzt dem Fall sie wäre physisch bei ihm gewesen, nicht gezögert der Richtigkeit und Wichtigkeit seiner Einschätzung handfest Nachdruck zu verleihen. Seine Beschreibungen hatten ihr einen kleinen Einblick vermittelt und ihre überaktive Fantasie hatte dazu beigetragen, dass sie Grusel vor einem tatsächlichen Erlebnis dieser Art empfand.
Klammern machten bestimmt einen ganz ekelhaften Schmerz und Alice wollte an die möglichen Stellen, die er wählen würde nicht einmal denken. Ganz zu schweigen von Strom. Trotzdem sah sie ihn vor ihrem inneren Auge und war sich sehr sicher, wie die Situation ablaufen würde. Klammern rauf, böse gucken, zwei tadelnde Sätze, ein Versprechen ihrerseits, Klammern runter und gut wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht seine Art die Angelegenheit handzuhaben.
Nein, er würde das Ganze zelebrieren, sich Zeit lassen, den Moment auskosten und sie leiden lassen. Sie würde für ihre sorglose Unüberlegtheit und ihre leichtsinnige Haltung bezahlen und zukünftig genauer nachdenken und Risiken verantwortlicher abwägen. Damian würde mit ruhiger, aber sadistischer Hartnäckigkeit dafür sorgen, dass sie begriff, dessen war sie sich gewiss. Doch vorerst war sie sicher vor dieser Art von Behandlung. Dachte sie.
Am nächsten Tag hatte Damian das Thema nochmal ausgepackt und schon bei seiner Frage, wo Alice ihre Wäsche zum trocknen aufhänge, war ihr klar gewesen, was nun käme. Er hatte sie eine Holzklammer holen lassen, Holz, keinesfalls Plastik, darauf hatte er bestanden und Alice musste ihre rechte Brust frei machen. Ein dürftiger und alles andere als überzeugender Impuls des Widerstandes hatte sich schwächlich in ihr bemerkbar gemacht, war aber von der erschreckend gewaltigen Bereitschaft sich zu fügen weggefegt worden.
Soweit Alice sich erinnerte hatte sie nicht einmal den müden Versuch unternommen das Kommende abzuwehren und obwohl sie mit Schaudern und voller Argwohn dem bisher unbekannten Schmerz zu entrinnen hoffte hatte sie Damian nahezu widerspruchslos gehorcht.
Ein Funken Restverstand war zwischen der Fülle der Gefühle von Scham, Fügsamkeit und Erkennen aufgeglimmt und hatte ihr die Frage gestellt, was sie da eigentlich gerade machte. Alice hatte keine Zeit zu antworten, sie war damit beschäftigt Damians Anweisungen umzusetzen, was ihre Ratio umso absonderlicher fand. Dieser Teil von ihr hatte es sodann vorgezogen das Schauspiel von Außen zu betrachten und kopfschüttelnd auf die törichte Absurdität zu blicken, die sich ihm soeben darbot, es schenkte ihm ohnehin gerade niemand Gehör.
Alice hatte sich also voller Verlegenheit und zittrig die Holzklammer auf den äußeren rechten Brusthof geklemmt und mit großem Erstaunen festgestellt, dass der bissige, kneifende Schmerz den sie befürchtet hatte ausgeblieben war. Es tat nicht im Geringsten weh. Sie hatte aber keine Zeit dazu gehabt, ausgiebig über diesen Irrtum nachzudenken, denn Damian forderte Berichterstattung und befahl ihr unverzüglich, die Klammer nun direkt auf dem Nippel zu platzieren.
Getäuscht von der vorausgegangenen Erfahrung des ausgebliebenen Schmerzes gehorchte sie ohne zu zögern, ließ die Klammer zuschnappen und musste ein Aufjaulen unterdrücken. Ihgitt! Was für ein abscheulicher Schmerz! Sie beeilte sich Damian zu beschreiben was sie empfand und er erlaubte ihr dem Himmel sei Dank die Klammer direkt wieder abzunehmen und die Stelle zu massieren. Es zwickte und zwackte und Alice empfand eine Welle der Dankbarkeit darüber, dass Damian ihrem Leid so schnell ein Ende gemacht hatte. Diesmal.
War sie auch immer noch von Scham und Irritation vernebelt, wusste sie doch zweifellos, dass sie diesem Schmerz nicht zum letzten Mal begegnet war. Beschämt und verunsichert wartete sie darauf, dass ihr Verstand seinen angestammten Platz wieder einnahm und ihr dabei half, die Fassung zurückzugewinnen.
Das war keine Strafe gewesen. Es diente lediglich dazu, Damian ein erstes Bild darüber zu vermitteln, wie Alice diese Art von Schmerz empfand und verarbeitete. Und es diente dazu, kommende Erlebnisse ähnlicher Art einzuleiten. Unbekümmert hatte Damian ihr gesagt, dass normalerweise er derjenige sei, der die Klammern setze, da sie aber so weit weg sei, müsse sie nun eben selbst herhalten.
Unbekümmert war Alice ganz und gar nicht gewesen. Eine tiefe Irritation hatte sie ergriffen. Auch wenn sie nicht zum ersten Mal Damians Anweisungen umgesetzt hatte, diesmal hatte es ihr, nein, hatte sie sich selbst den Boden unter den Füßen weggezogen.
Ihr war nicht klar gewesen, wie fügsam sie sein konnte und sie wusste wirklich nicht ob ihr diese Fähigkeit gefiel. Den ganzen Nachmittag über hatte sie immer wieder daran denken müssen und sie hätte darauf gewettet, dass sie jedesmal zutiefst errötet war.
Diese Mischung aus Scham, Erregung, Hilflosigkeit und Dankbarkeit verwirrte sie zutiefst, und die Tatsache, dass zusätzliche Emotionen zwar Raum in ihr beanspruchten, sich aber nicht in erfassbarer Klarheit zu erkennen gaben, hatte sie taumeln lassen. Ihre mannigfaltigen und zum Teil gegensätzlichen Empfindungen waren für sie kaum sortierbar, geschweige denn analysierbar und hatten sich so sehr vermischt, dass Alice es vorerst aufgegeben hatte ein Verstehen erzwingen zu wollen.
Das Wechselbad der Gefühle hatte angedauert, bis Damian ein paar Worte dazu verloren hatte und ihr erklärt hatte, dass ihm ihre Folgsamkeit durchaus gefalle und ihr damit ein außerordentlich beruhigendes Gefühl von Angekommen sein und entkrampfter Stille geschenkt hatte.
Die Erkenntnis, dass genau das ihre Irritation eigentlich ins Heillose hätten steigern müssen, weil sie rundum zufrieden damit war, dass es ihm gefallen hatte und die Frage, ob sie selber diesen bereitwilligen Gehorsam an sich mochte vollständig verdrängt hatte, diese Erkenntnis hatte sie ersteinmal desinteressiert an sich vorbeiziehen lassen. Damit könnte sie sich ein anderes mal befassen.
Alice schließt ihren Laptop.
... link
Blütenfluss (12)
corona, 11:26h
Alice lächelt als sie heute zu schreiben beginnt. Damian konnte wirklich tolle Dinge. Und noch toller war, dass er ihr eines davon gezeigt hatte. Er hatte sie dazu angeleitet in ihre eigene Unterwelt zu reisen. Zu Alice großem Entzücken waren ihr diese Reisen gelungen.
Damian hatte ihr genau erklärt, wie sie vorgehen musste. Zunächst sollte sie sich Trommelmusik besorgen, welche es ihr erleichtern würde einen Trancezustand zu erreichen. Dann sollte sie die Reise vorbereiten: Die Musik auflegen, alle Störquellen ausschalten, die Telefone abstellen z.B., sich eine Decke und ein Tuch zum abdunkeln der Augen besorgen. Außerdem sollte sie sich Stift und Papier zum aufschreiben ihrer Eindrücke zurecht legen, denn alles, was sie gegebenfalls während ihrer Reise wahrnehmen würde, verschwand ganz schnell, sobald man die Trance verlassen hatte.
Um es vor dem Vergessen zu bewahren musste man alles direkt notieren, sofort wenn man aus der Trance wieder erwacht war. Sonst verflüchtigten sich die Informationen ebenso schnell wie nächtliche Träume es tun. Ganz wichtig war, dass sie sich beim Zurückkommen aus der Trance selbst instruierte, gleich wieder vollständig im Hier und Jetzt zu sein, körperlich fit und geistig hellwach. Alice sollte die Welten deutlich voneinander trennen, überwiegend und vor allem vollständig in der materiellen Welt sein und nur gelegentliche kurze Ausflüge in die Unterwelt machen.
Hinein finden in ihre Unterwelt würde sie durch ein vorgestelltes Loch im Boden, welches in eine lange Treppe mündete die sie direkt nach unten zum Eingangstor führte. Wenn sie vollkommen entspannt und ganz tief in sich bei diesem Eingang angekommen war, sollte sie hindurchtreten, sehen, welche Landschaft sich ihr eventuell zeigen würde und dort in Gedanken herumspazieren und einfach darauf warten, wer oder was ihr begegnete. Natürlich könne sie auch eine Frage mit hinunter nehmen, z.B. ob jemand eine Nachricht für sie habe.
Dann sollte sie einfach abwarten ob und welche Bilder, Gedanken und Gefühle für sie bereit waren. Sie durfte alles zulassen was kommen sollte, es sich ansehen und hinfühlen. Die Bilder, die sich ihr zeigen mochten, würden vermutlich schattenhaft oder verschwommen sein, vielleicht würde sie Farben sehen, vielleicht aber auch nicht und die Sinneseindrücke dort unten wären ganz sicher anders, als die, welche sie aus der hiesigen Welt kannte. Alles, was sich ihr darbieten würde sollte sie als bewusste Erinnerung mit nach oben ins Hier und Jetzt nehmen, sobald sie das Gefühl hatte, dass sie die Unterwelt verlassen wollte.
Alice erinnert sich genau wie sehr sich auf diese Reisen gefreut hatte. Sie war unglaublich neugierig gewesen, was sie dort unten erwarten würde. Allerdings konnte sie sich von einem gewissen Leistungsgedanken nicht ganz freisprechen. Sie bewunderte Damian für all die Magie die er beherrschte und wollte unbedingt auch etwas davon können oder lernen. Damian hatte ihr zwar vermittelt, sie solle ganz frei und gelöst und ohne spezielle Erwartungen an die Sache herangehen; trotzdem war es ihr ziemlich wichtig, ein paar interessante Eindrücke von ihrer Reise mitzubringen.
Voller Vorfreude hatte sie also Damians Anweisungen befolgt, alle Vorbereitungen getroffen und hatte begonnen. Sehr deutlich konnte sie vor ihrem inneren Auge das Loch im Boden sehen, durch das sie hineingelangen würde. Es befand sich in ihrer Vorstellung an einer bestimmten, auch real existenten Stelle im Wald und bei der Fantasie hineinzusteigen und die Treppe zu betreten hatte sie ganz deutlich das Erdreich sehen und den angenehmen Duft feuchter Erde riechen können. Auch die verästelten, knorrigen und zu immer dünner werdenden Fäden der Wurzeln der umstehenden Bäume hatte sie klar gesehen.
Sie war eine lange Steintreppe hinunter gegangen. Sehr lang. Denn schließlich sollte sie dadurch in Trance kommen. Als sie das Gefühl hatte, völlig entspannt zu sein, hatte sie eine Holztür gesehen. Dahinter schimmerte es himmelblau. Himmelblau und wolkig weiß. Sie war durch die Tür gegangen und von einer angenehm warmen und dichten Athmosphäre empfangen worden. Sie hatte die Stimmung dort sofort geliebt. Geborgenheit, Ruhe und warmes Eingehülltsein hatten sie erfasst.
Und dann, ja dann war ihr tatsächlich etwas begegnet. Während der Reise in die Unterwelt, war sie sehr ruhig und fast sachlich gewesen, außer einem ausgeprägten Wohlgefühl hatte sich kaum eine Emotion den Weg in ihr Bewusstsein gesucht.
Offen und interessiert hatte sie alle Eindrücke aufgenommen, mit stiller Zufriedenheit darüber, dass es tatsächlich etwas zu sehen und erleben gab. Alice blickt auf. Soll sie das tatsächlich alles verschriftlichen? All diese so persönlichen Dinge und Begegnungen? Nein, sie entscheidet sich dagegen. Das würde ihr privates Geheimnis bleiben. Naja, nicht ganz, denn Damian hatte sie natürlich davon erzählt, nachdem sie aus der Trance erwacht war.
Sie hatte sich unbeschreiblich entspannt und wohl gefühlt, ganz ruhig und ausgeglichen. Tiefe Zufriedenheit hatte sie ausgefüllt. Der Wunsch eine solche Reise zu wiederholen hatte allerdings bereits angeklopft.
Damian hatte dann alles mit ihr besprochen und sie geschickt durch die Interpretation des Gesehenen geführt. Er hatte ihr außerdem erklärt, dass es zwei Arten gab die Unterwelt aufzusuchen. Die eine diente dem Abholen von Informationen, so wie sie es eben getan hatte. Es war aber auch möglich hinunter zu gehen um sich zu entspannen und zu sich zu kommen. Dabei dürfte man dann Eindrücke die sich darboten einfach ignorieren, sich entspannen, ein bisschen umherspazieren oder auch gerne einfach einschlafen. Das würde ihr, mit ihren immer mal wieder auftretenden Schlafschwierigkeiten sicher sehr zugute kommen.
Ein oder zweimal hatten sie das Ganze wiederholt, mit immer neuen Eindrücken, Erlebnissen und Erkenntnissen für Alice. Sie war begeistert. Am liebsten wäre sie nun jeden Tag in ihre Unterwelt gereist um dort Informationen zu bekommen und Neuigkeiten zu erfahren. Da sie aber noch ein bisschen unbeholfen war, was deren Interpretation anging, benötigte sie Damians Hilfe, denn sonst wäre der Erkenntnisgewinn ziemlich dünn. Er teilte ihre Begeisterung ohnehin nicht. Im Gegenteil, er wollte nicht, dass das Reisen zu einer Art Droge verkam, von der sie immerzu mehr und noch mehr konsumierte.
Er hatte ihr das Ganze sicher nicht gezeigt, um ihr Futter für ihre Sucht nach Trance zu bieten. Sie durfte gern zum Einschlafen hinuntergehen, denn im Schlaf ging jeder Mensch eh genau dort hin, aber andere Reisen würden sie gemeinsam und wohldosiert machen.
Alice grummelte etwas. Dieser Typ hatte wirklich irgendwie überall seine Finger im Spiel und im Zweifel, so wie jetzt auch, den Daumen drauf. Was würde es schon schaden einfach ein wenig öfter hinunter zu gehen? Nicht, dass sie noch eine Information verpasste. Schließlich hatte sie jahrelang, achwas, jahrzehntelang nicht eine einzige Reise dieser Art unternommen. Dann war es doch jetzt verständlich wenn sie ein bisschen nachholen wollte.
Er fand aber, dass sie es langsam angehen lassen sollte. Vor allem sollte sie mal innehalten und zur Kenntnis nehmen, was da gerade alles mit ihr passierte. Sich daran erfreuen, ohne direkt zur nächsten Attraktion zu hetzen. Es war ja auch nicht so, dass er Unrecht hatte, aber sie wollte schon wirklich dringend wieder reisen. Außerdem, manchmal verschluckte sie sich regelrecht an den vielen "Damian findet", "Damian sagt" und "Damian will" in ihrem Kopf. Es war schon fast eine Selbstverständlichkeit geworden, entweder in Gedanken oder auch tatsächlich seine Einschätzung irgendeiner Sache anzuhören und sich daran zu orientieren. Fast erschreckte es sie.
Vielleicht wäre es an der Zeit, mal bewusst das Gegenteil zu tun. Schon allein um ein Gegengewicht zu schaffen. Trotzig hatte sie überlegt, einfach heimlich zu reisen. Aber sie hatte sich doch schnell dagegen entschieden. Sie fand es sehr undankbar, das zu tun und sie hatte auch ein bisschen Schiss, wie Damian damit umgehen würde. Freudensprünge würde er sicher nicht machen. Nein, sie würde sich gedulden und an dem erfreuen, was sie bisher hatte erleben dürfen. Und einfach ab und zu mal vorsichtig nachfragen, ob sie nicht doch noch einmal reisen könnte, falls er nicht schnell genug von sich aus darauf käme. Halbwegs zufrieden mit dieser Entscheidung hatte sie das Thema vorerst ruhen lassen.
Alice schließt den Rechner.
Damian hatte ihr genau erklärt, wie sie vorgehen musste. Zunächst sollte sie sich Trommelmusik besorgen, welche es ihr erleichtern würde einen Trancezustand zu erreichen. Dann sollte sie die Reise vorbereiten: Die Musik auflegen, alle Störquellen ausschalten, die Telefone abstellen z.B., sich eine Decke und ein Tuch zum abdunkeln der Augen besorgen. Außerdem sollte sie sich Stift und Papier zum aufschreiben ihrer Eindrücke zurecht legen, denn alles, was sie gegebenfalls während ihrer Reise wahrnehmen würde, verschwand ganz schnell, sobald man die Trance verlassen hatte.
Um es vor dem Vergessen zu bewahren musste man alles direkt notieren, sofort wenn man aus der Trance wieder erwacht war. Sonst verflüchtigten sich die Informationen ebenso schnell wie nächtliche Träume es tun. Ganz wichtig war, dass sie sich beim Zurückkommen aus der Trance selbst instruierte, gleich wieder vollständig im Hier und Jetzt zu sein, körperlich fit und geistig hellwach. Alice sollte die Welten deutlich voneinander trennen, überwiegend und vor allem vollständig in der materiellen Welt sein und nur gelegentliche kurze Ausflüge in die Unterwelt machen.
Hinein finden in ihre Unterwelt würde sie durch ein vorgestelltes Loch im Boden, welches in eine lange Treppe mündete die sie direkt nach unten zum Eingangstor führte. Wenn sie vollkommen entspannt und ganz tief in sich bei diesem Eingang angekommen war, sollte sie hindurchtreten, sehen, welche Landschaft sich ihr eventuell zeigen würde und dort in Gedanken herumspazieren und einfach darauf warten, wer oder was ihr begegnete. Natürlich könne sie auch eine Frage mit hinunter nehmen, z.B. ob jemand eine Nachricht für sie habe.
Dann sollte sie einfach abwarten ob und welche Bilder, Gedanken und Gefühle für sie bereit waren. Sie durfte alles zulassen was kommen sollte, es sich ansehen und hinfühlen. Die Bilder, die sich ihr zeigen mochten, würden vermutlich schattenhaft oder verschwommen sein, vielleicht würde sie Farben sehen, vielleicht aber auch nicht und die Sinneseindrücke dort unten wären ganz sicher anders, als die, welche sie aus der hiesigen Welt kannte. Alles, was sich ihr darbieten würde sollte sie als bewusste Erinnerung mit nach oben ins Hier und Jetzt nehmen, sobald sie das Gefühl hatte, dass sie die Unterwelt verlassen wollte.
Alice erinnert sich genau wie sehr sich auf diese Reisen gefreut hatte. Sie war unglaublich neugierig gewesen, was sie dort unten erwarten würde. Allerdings konnte sie sich von einem gewissen Leistungsgedanken nicht ganz freisprechen. Sie bewunderte Damian für all die Magie die er beherrschte und wollte unbedingt auch etwas davon können oder lernen. Damian hatte ihr zwar vermittelt, sie solle ganz frei und gelöst und ohne spezielle Erwartungen an die Sache herangehen; trotzdem war es ihr ziemlich wichtig, ein paar interessante Eindrücke von ihrer Reise mitzubringen.
Voller Vorfreude hatte sie also Damians Anweisungen befolgt, alle Vorbereitungen getroffen und hatte begonnen. Sehr deutlich konnte sie vor ihrem inneren Auge das Loch im Boden sehen, durch das sie hineingelangen würde. Es befand sich in ihrer Vorstellung an einer bestimmten, auch real existenten Stelle im Wald und bei der Fantasie hineinzusteigen und die Treppe zu betreten hatte sie ganz deutlich das Erdreich sehen und den angenehmen Duft feuchter Erde riechen können. Auch die verästelten, knorrigen und zu immer dünner werdenden Fäden der Wurzeln der umstehenden Bäume hatte sie klar gesehen.
Sie war eine lange Steintreppe hinunter gegangen. Sehr lang. Denn schließlich sollte sie dadurch in Trance kommen. Als sie das Gefühl hatte, völlig entspannt zu sein, hatte sie eine Holztür gesehen. Dahinter schimmerte es himmelblau. Himmelblau und wolkig weiß. Sie war durch die Tür gegangen und von einer angenehm warmen und dichten Athmosphäre empfangen worden. Sie hatte die Stimmung dort sofort geliebt. Geborgenheit, Ruhe und warmes Eingehülltsein hatten sie erfasst.
Und dann, ja dann war ihr tatsächlich etwas begegnet. Während der Reise in die Unterwelt, war sie sehr ruhig und fast sachlich gewesen, außer einem ausgeprägten Wohlgefühl hatte sich kaum eine Emotion den Weg in ihr Bewusstsein gesucht.
Offen und interessiert hatte sie alle Eindrücke aufgenommen, mit stiller Zufriedenheit darüber, dass es tatsächlich etwas zu sehen und erleben gab. Alice blickt auf. Soll sie das tatsächlich alles verschriftlichen? All diese so persönlichen Dinge und Begegnungen? Nein, sie entscheidet sich dagegen. Das würde ihr privates Geheimnis bleiben. Naja, nicht ganz, denn Damian hatte sie natürlich davon erzählt, nachdem sie aus der Trance erwacht war.
Sie hatte sich unbeschreiblich entspannt und wohl gefühlt, ganz ruhig und ausgeglichen. Tiefe Zufriedenheit hatte sie ausgefüllt. Der Wunsch eine solche Reise zu wiederholen hatte allerdings bereits angeklopft.
Damian hatte dann alles mit ihr besprochen und sie geschickt durch die Interpretation des Gesehenen geführt. Er hatte ihr außerdem erklärt, dass es zwei Arten gab die Unterwelt aufzusuchen. Die eine diente dem Abholen von Informationen, so wie sie es eben getan hatte. Es war aber auch möglich hinunter zu gehen um sich zu entspannen und zu sich zu kommen. Dabei dürfte man dann Eindrücke die sich darboten einfach ignorieren, sich entspannen, ein bisschen umherspazieren oder auch gerne einfach einschlafen. Das würde ihr, mit ihren immer mal wieder auftretenden Schlafschwierigkeiten sicher sehr zugute kommen.
Ein oder zweimal hatten sie das Ganze wiederholt, mit immer neuen Eindrücken, Erlebnissen und Erkenntnissen für Alice. Sie war begeistert. Am liebsten wäre sie nun jeden Tag in ihre Unterwelt gereist um dort Informationen zu bekommen und Neuigkeiten zu erfahren. Da sie aber noch ein bisschen unbeholfen war, was deren Interpretation anging, benötigte sie Damians Hilfe, denn sonst wäre der Erkenntnisgewinn ziemlich dünn. Er teilte ihre Begeisterung ohnehin nicht. Im Gegenteil, er wollte nicht, dass das Reisen zu einer Art Droge verkam, von der sie immerzu mehr und noch mehr konsumierte.
Er hatte ihr das Ganze sicher nicht gezeigt, um ihr Futter für ihre Sucht nach Trance zu bieten. Sie durfte gern zum Einschlafen hinuntergehen, denn im Schlaf ging jeder Mensch eh genau dort hin, aber andere Reisen würden sie gemeinsam und wohldosiert machen.
Alice grummelte etwas. Dieser Typ hatte wirklich irgendwie überall seine Finger im Spiel und im Zweifel, so wie jetzt auch, den Daumen drauf. Was würde es schon schaden einfach ein wenig öfter hinunter zu gehen? Nicht, dass sie noch eine Information verpasste. Schließlich hatte sie jahrelang, achwas, jahrzehntelang nicht eine einzige Reise dieser Art unternommen. Dann war es doch jetzt verständlich wenn sie ein bisschen nachholen wollte.
Er fand aber, dass sie es langsam angehen lassen sollte. Vor allem sollte sie mal innehalten und zur Kenntnis nehmen, was da gerade alles mit ihr passierte. Sich daran erfreuen, ohne direkt zur nächsten Attraktion zu hetzen. Es war ja auch nicht so, dass er Unrecht hatte, aber sie wollte schon wirklich dringend wieder reisen. Außerdem, manchmal verschluckte sie sich regelrecht an den vielen "Damian findet", "Damian sagt" und "Damian will" in ihrem Kopf. Es war schon fast eine Selbstverständlichkeit geworden, entweder in Gedanken oder auch tatsächlich seine Einschätzung irgendeiner Sache anzuhören und sich daran zu orientieren. Fast erschreckte es sie.
Vielleicht wäre es an der Zeit, mal bewusst das Gegenteil zu tun. Schon allein um ein Gegengewicht zu schaffen. Trotzig hatte sie überlegt, einfach heimlich zu reisen. Aber sie hatte sich doch schnell dagegen entschieden. Sie fand es sehr undankbar, das zu tun und sie hatte auch ein bisschen Schiss, wie Damian damit umgehen würde. Freudensprünge würde er sicher nicht machen. Nein, sie würde sich gedulden und an dem erfreuen, was sie bisher hatte erleben dürfen. Und einfach ab und zu mal vorsichtig nachfragen, ob sie nicht doch noch einmal reisen könnte, falls er nicht schnell genug von sich aus darauf käme. Halbwegs zufrieden mit dieser Entscheidung hatte sie das Thema vorerst ruhen lassen.
Alice schließt den Rechner.
... link
Rabendunkel (11)
corona, 11:26h
Fast hektisch beginnt Alice heute das Schreiben. Sie hofft sehr, nichts vergessen zu haben. Ein faszinierender Chat! Damian hatte wider Erwarten doch noch einmal das Helferthema angesprochen. Helfer, die ihn und sie und überhaupt alle Menschen auf ihrer Reise durch das Leben begleiten, schützen und unterstützen.
Ursprünglich hatte er ihren drängenden Nachfragen nicht nachgeben wollen, aber sich dann ganz offensichtlich doch umentschieden. "Es sollte heute sein." Das waren seine Worte, gegen Ende des Chats und mussten ihr vorerst als Erklärung genügen. Begonnen hatte er mit einem spannenden Vortrag, den er, wie so oft, mit einem viel versprechenden "Pass auf." eingeleitet hatte. Irgendwie war an Damian doch ein Professor verloren gegangen. Alice lächelt während sie tippt.
"Es gibt verschiedene Helfer an deiner, an unser aller Seite. Zunächst mal ist da dein Engel. Er/Sie ist in Kontakt mit deinem Unterbewussten und greift nur in absoluten Ausnahmefällen in dein Bewusstsein ein. Engel sind die Helfer, die unegoistisch handeln und sie sind daran interessiert, dass die Menschen mit ihnen kooperieren." Alice war natürlich sehr neugierig und hatte ein paar erste Fragen zu seinem und zu ihrem Engel und zu Engeln im Allgemeinen gestellt. Damian wollte aber offensichtlich auf etwas anderes hinaus, das merkte sie überdeutlich an seinen nur knappen Antworten. Na schön, sie hatte die Engel also vorübergehend zur Seite geschoben und weiter mitgelesen.
Alice stoppt kurz das Schreiben und fragt sich, wieso ihr das alles eigentlich nicht viel unwirklicher und unglaublicher erscheint. Vermutlich, weil es stimmte. Sie hatte bisher kein einziges Mal das Gefühl gehabt, mit Damian einen irrsinnig überspannten Exzentriker mit Hang zur Esoterik vor sich zu haben, der sie nur für seine mehr oder weniger dogmatischen Lehren gewinnen wollte. Im Gegenteil. Seine Ausführungen schienen ihr folgerichtig, und die Selbstverständlichkeit mit der er beschreibende und erklärende Worte fand, traf auf ihre Gewissheit, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gab, die sich den gängigen Erklärungsansätzen entzogen. Auf ihre Gewissheit und ihr Vertrauen, dass es so schon richtig war. Sie tippt weiter.
Damian hatte ihr weiterhin erklärt, dass es noch andere Wesenheiten gab, oft deutlich weniger uneigennützig als die Engel.
Auch Ahnen konnten die Helferrolle übernehmen. Alice hätte vor Wissbegier in die Tastatur beißen können. Welche Oma, welcher Uropa begleitete sie wohl? Und was hatte der- oder diejenige schon alles angestellt um sie zu unterstützen? Welches Ziel verfolgte er oder sie? Hatte sie davon vielleicht sogar schon mal etwas bemerkt? Würde sie sich daran erinnern? Doch auch das war nicht das Thema, welches Damian für den gestrigen Chat vorgesehen hatte.
Erneut hatte sie sich gezwungen ihre Fragen zurückzustellen und sich wieder in den Gesprächsverlauf hineingleiten lassen, den Damian im Sinn gehabt hatte. Weder Engel noch Ahnen waren heute dran. Stattdessen wollte Damian auf etwas hinaus, dass er ihr Krafttier nannte. Das sagte ihr leider so rein gar nichts und er verdeutlichte ihr, dass manche Wesenheiten Begleiter in symbolischer Gestalt eines Tieres waren, welches mit seinen besonderen Eigenschaften den individuellen Lebensweg unterstützen konnte. Er bot ihr an, sie zu einer so genannten Krafttierreise anzuleiten oder alternativ selbst hineinzusehen. Etwas klopfe ohnehin bei ihm an und wolle angesehen werden.
Wow! Wow, wow, wow! Die freudige Aufregung, die in ihr aufgeschäumt war, macht sich während des Schreibens wieder in ihr breit. Sie hatte sich nicht entscheiden können. Klar wollte sie das gerne selber erleben, eine solche Reise unternehmen und sehen was da geschieht. Doch das würde, so wie Damian ihr sagte, Zeit, Ruhe und Konzentration erfordern. Zeit und Ruhe waren leider rar und außerdem würde sie dann noch auf die passende Gelegenheit warten müssen.
Sollte er also reinsehen? Ja, das wär toll, denn er wusste wie es geht und würde ganz sicher das Wesentliche erkennen. Überschaute sie denn schon so genau, ob sie sich nicht vielleicht in ihrem Inneren verlaufen würde, wenn sie es allein versuchte? Oder ob ihr Tier sich ihr überhaupt zeigen, ihr etwas verraten würde?
Und dennoch zögerte sie, Damian zu bitten es für sie zu tun. Seine Fähigkeiten für sich in Anspruch zu nehmen fiel ihr nicht sehr leicht, selbst wenn er es von sich aus angeboten hatte. Sie wusste ja, dass er diese magischen Themen am liebsten ausschließlich mit sich allein ausmachte und nur sehr ungern darüber sprach. Umso dankbarer war sie, dass er sie dennoch immer wieder teilhaben ließ, ihr erklärte und sie irgendwie auch an die Hand genommen hatte und führte.
Sie fühlte sich sicher da an seiner Hand, sicher und gut aufgehoben. Manchmal ließ er sie rennen, vorpreschen und blieb an ihrer Seite, manchmal hielt er sie zurück, bremste sie oder führte sie an Versuchungen vorbei, die ihr vermutlich nichts Gutes gebracht hätten, wäre sie ihnen erlegen. Manchmal zog er sie auch hinter sich her und sorgte für Beschleunigung und Tempo. Aber meistens war er einfach in ihrem Tempo neben ihr und gab ihr Halt und Vertrauen. Was für eine unglaubliche und doch so erwartete Begegnung...
"So, ich seh jetzt nach. Ich gehe jetzt in Trance und bin in zehn Minuten wieder hier." Mit dieser Entscheidung riss Damian Alice aus ihren sinnierenden Gedanken und verschwand vom Bildschirm. Ihre Aufregung wechselte sich mit ihrer Begeisterung und ihrer Ungeduld ab, um schließlich in Vorfreude umzuschlagen und sie an den Laptop zu fesseln.
Zum Glück war er schnell wieder da und begann auch sofort ihr von dem Raben zu erzählen, der ihm begegnet war. Ein Rabe also? Ein Totenvogel? Na wunderbar. Schon wollte die Angst, von der sie sich kürzlich erst verabschiedet hatte, wieder ihren angestammten Platz einnehmen. Doch Alice schubste sie weg. Sie brauchte Platz für das Neue, was bald kommen würde. Als hätte er's mal wieder geahnt fragte Damian nach. Vielleicht tat er das auch immer an dieser Stelle, wenn er in eine solche Krafttierbegegnung involviert war. Was verbindet man mit dem Tier, das einen begleiten und weiterbringen wollte? Was genau verband sie damit?
Na, an erster Stelle diese wohl anerzogene Angst vor einem Symbol des Todes, einem vermeintlich schlechten Omen. Aber auch wunderschönes glänzend schwarzes Gefieder und die Tatsache, dass Raben als Gefährten von Kindern vorkamen, sowohl in Geschichten als auch in der Realität. Ebenso begleiteten sie Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Alles in Allem war der Rabe also vielleicht doch ein spannendes Tier. Das, was Damian dann noch dazu zu sagen hatte zementierte diesen Eindruck:
Der Rabe, der sich Damian gezeigt hatte, trug ein blaues Energieband und einen Fisch mit sich. Das Band ist mit Noten und/oder Buchstaben beschriftet. Ihr Rabe steht für Intuition und Kreativität, Eigenschaften, die auch Alice innewohnen und er kann ihr helfen zu lernen, diese Eigenschaften stärker zu leben und zu nutzen und mit den damit verbundenen Erfolgen, den Früchten dieser Fähigkeiten umzugehen. Faszinierend!
Alice hatte zweierlei Assoziationen: Zum einen erinnerte sie dieser gestrige Chat sehr deutlich an den Verlauf einer Geburt. Ja, manchmal war das Chatten mit Damian genau so, wie ein Kind zu gebären. Man fand zusammen in dem Gefühl dass demnächst etwas Angekündigtes, etwas Großes passieren würde, dass etwas Neues seinen Weg von anderswo in die hiesige Welt finden würde. Man traf alle Vorbereitungen dafür und erwartete es bis es sich schließlich durch die Gespräche wie durch einen Geburtskanal hindurchgewunden hatte, manchmal stieß man es ein bisschen von außen an, oder zog, um ihm auf den Weg zu helfen. Und dann bestaunte und begrüßte man es gemeinsam und freute sich auf all die Erlebnisse und Veränderungen die es im Gepäck hatte.
Zum anderen kam es ihr vor, als haben viele kleine Dinge schon auf die Begegnung mit ihrem Raben und seinen Anliegen hingedeutet und sie vorbereitet. Die Auseinandersetzung mit sich selber, ihrer hiesigen, irdischen Persönlichkeit, ihren ureigenen Schwächen und Schatten, ihrer Angst, die Entscheidung, die Angst nun endlich soweit loszulassen, dass sie nicht mehr blockieren, nicht mehr hindern kann, die Arbeit daran, sich vollständiger als das zu akzeptieren, was sie wirklich ist, in ihrem tiefsten Inneren, sich mit sich selber auszusöhnen und stärker anzufreunden, Energien in sich zu finden und diese sich selbst und auch anderen zur Verfügung zu stellen... Da sie darüber nachdachte fielen ihr unzählige Situationen ein in denen der aktuelle Moment vorbereitet worden war, unzählige manchmal sehr klein, aber niemals unwichtig erscheinende Begebenheiten, die alle mit diesem Augenblick verbunden waren.
Damian hatte ihr einen Text über die Botschaft des Raben gesendet. Dort hieß es unter anderem:
In dir steckt eine starke Magie. Du besitzt heilende und hellseherische Gaben. Du hast sie noch nicht vollständig erkennen können, weil du die Vergangenheit noch nicht von dir gelöst hast. Du hängst in deiner geistig-spirituellen Entwicklung fest, die jetzt immer mehr zum Vorschein kommt. Lasse die Träume, die Gedanken und die Gefühle in dir zu, sie geben dir Botschaften und Hinweise. Erkenne deine jetzige Situation und sehe die Zukunft nicht durch ein schwarzes Tuch vor dir. Öffne den Vorhang in dir, der dich das "sehen" lässt, was anderen verborgen bleibt. Nimm dich an, so, wie Du bist und versuche nicht etwas zu verdrängen, aus angst im Abseits zu stehen. Du bist deine eigene innewohnende Kraft, die dich antreibt, aber nur, wenn du deine Ängste beiseite schiebst. Setze deine Kräfte zum Wohle aller ein, denn sie können ein Bumerang sein und zu dir zurückkehren. Missbrauche deine Energie nicht, um anderen zu schaden. Der Rabe sagt dir, dass Du Geheimnisse besser hüten sollst. Der Rabe, als der Hüter des Geheimnisvollen, möchte, dass Du dich deiner eigenen Geheimnisse besinnst, aber auch offen dafür bist, wenn Du in dir selbst das Geheimnisvolle entdeckst. Solltest Du deine Magie missbrauchen oder respektlos einsetzen, so werden die Hüter der Geheimnisse dich bis in deine Träume verfolgen.
Ja, sie fühlte sich deutlich angesprochen von diesen Zeilen. Über eines war sie beim Lesen allerdings gestolpert. Sie solle Geheimnisse besser hüten. Was das wohl bedeutete? Sie hielt sich eigentlich nicht für besonders schwatzhaft und Dinge, die ihr im Vertrauen erzählt wurden, waren bei ihr gut aufgehoben. Aber vielleicht ging es auch vor allem um ihre eigenen Geheimnisse. Im Grunde war diese beispiellose und märchenhafte Chatbeziehung ein einziges großes Geheimnis. Nur sehr wenig davon durfte sie nach Außen dringen lassen. Und das auch nur punktuell, herausgerissen aus dem großem Ganzen.
Irgendwann, in einem der unzähligen früheren Chats, hatte Damian einmal so etwas gesagt wie, dass sie nun so weit wäre, dass sie dieser besonderen Verantwortung des zusätzlichen Wissens und der zusätzlichen Freiheiten gewachsen sei. Sie hoffte sehr, dass er damit Recht hatte. Nachdenklich beendet sie ihr Schreiben und geht schlafen.
Ursprünglich hatte er ihren drängenden Nachfragen nicht nachgeben wollen, aber sich dann ganz offensichtlich doch umentschieden. "Es sollte heute sein." Das waren seine Worte, gegen Ende des Chats und mussten ihr vorerst als Erklärung genügen. Begonnen hatte er mit einem spannenden Vortrag, den er, wie so oft, mit einem viel versprechenden "Pass auf." eingeleitet hatte. Irgendwie war an Damian doch ein Professor verloren gegangen. Alice lächelt während sie tippt.
"Es gibt verschiedene Helfer an deiner, an unser aller Seite. Zunächst mal ist da dein Engel. Er/Sie ist in Kontakt mit deinem Unterbewussten und greift nur in absoluten Ausnahmefällen in dein Bewusstsein ein. Engel sind die Helfer, die unegoistisch handeln und sie sind daran interessiert, dass die Menschen mit ihnen kooperieren." Alice war natürlich sehr neugierig und hatte ein paar erste Fragen zu seinem und zu ihrem Engel und zu Engeln im Allgemeinen gestellt. Damian wollte aber offensichtlich auf etwas anderes hinaus, das merkte sie überdeutlich an seinen nur knappen Antworten. Na schön, sie hatte die Engel also vorübergehend zur Seite geschoben und weiter mitgelesen.
Alice stoppt kurz das Schreiben und fragt sich, wieso ihr das alles eigentlich nicht viel unwirklicher und unglaublicher erscheint. Vermutlich, weil es stimmte. Sie hatte bisher kein einziges Mal das Gefühl gehabt, mit Damian einen irrsinnig überspannten Exzentriker mit Hang zur Esoterik vor sich zu haben, der sie nur für seine mehr oder weniger dogmatischen Lehren gewinnen wollte. Im Gegenteil. Seine Ausführungen schienen ihr folgerichtig, und die Selbstverständlichkeit mit der er beschreibende und erklärende Worte fand, traf auf ihre Gewissheit, dass es Dinge zwischen Himmel und Erde gab, die sich den gängigen Erklärungsansätzen entzogen. Auf ihre Gewissheit und ihr Vertrauen, dass es so schon richtig war. Sie tippt weiter.
Damian hatte ihr weiterhin erklärt, dass es noch andere Wesenheiten gab, oft deutlich weniger uneigennützig als die Engel.
Auch Ahnen konnten die Helferrolle übernehmen. Alice hätte vor Wissbegier in die Tastatur beißen können. Welche Oma, welcher Uropa begleitete sie wohl? Und was hatte der- oder diejenige schon alles angestellt um sie zu unterstützen? Welches Ziel verfolgte er oder sie? Hatte sie davon vielleicht sogar schon mal etwas bemerkt? Würde sie sich daran erinnern? Doch auch das war nicht das Thema, welches Damian für den gestrigen Chat vorgesehen hatte.
Erneut hatte sie sich gezwungen ihre Fragen zurückzustellen und sich wieder in den Gesprächsverlauf hineingleiten lassen, den Damian im Sinn gehabt hatte. Weder Engel noch Ahnen waren heute dran. Stattdessen wollte Damian auf etwas hinaus, dass er ihr Krafttier nannte. Das sagte ihr leider so rein gar nichts und er verdeutlichte ihr, dass manche Wesenheiten Begleiter in symbolischer Gestalt eines Tieres waren, welches mit seinen besonderen Eigenschaften den individuellen Lebensweg unterstützen konnte. Er bot ihr an, sie zu einer so genannten Krafttierreise anzuleiten oder alternativ selbst hineinzusehen. Etwas klopfe ohnehin bei ihm an und wolle angesehen werden.
Wow! Wow, wow, wow! Die freudige Aufregung, die in ihr aufgeschäumt war, macht sich während des Schreibens wieder in ihr breit. Sie hatte sich nicht entscheiden können. Klar wollte sie das gerne selber erleben, eine solche Reise unternehmen und sehen was da geschieht. Doch das würde, so wie Damian ihr sagte, Zeit, Ruhe und Konzentration erfordern. Zeit und Ruhe waren leider rar und außerdem würde sie dann noch auf die passende Gelegenheit warten müssen.
Sollte er also reinsehen? Ja, das wär toll, denn er wusste wie es geht und würde ganz sicher das Wesentliche erkennen. Überschaute sie denn schon so genau, ob sie sich nicht vielleicht in ihrem Inneren verlaufen würde, wenn sie es allein versuchte? Oder ob ihr Tier sich ihr überhaupt zeigen, ihr etwas verraten würde?
Und dennoch zögerte sie, Damian zu bitten es für sie zu tun. Seine Fähigkeiten für sich in Anspruch zu nehmen fiel ihr nicht sehr leicht, selbst wenn er es von sich aus angeboten hatte. Sie wusste ja, dass er diese magischen Themen am liebsten ausschließlich mit sich allein ausmachte und nur sehr ungern darüber sprach. Umso dankbarer war sie, dass er sie dennoch immer wieder teilhaben ließ, ihr erklärte und sie irgendwie auch an die Hand genommen hatte und führte.
Sie fühlte sich sicher da an seiner Hand, sicher und gut aufgehoben. Manchmal ließ er sie rennen, vorpreschen und blieb an ihrer Seite, manchmal hielt er sie zurück, bremste sie oder führte sie an Versuchungen vorbei, die ihr vermutlich nichts Gutes gebracht hätten, wäre sie ihnen erlegen. Manchmal zog er sie auch hinter sich her und sorgte für Beschleunigung und Tempo. Aber meistens war er einfach in ihrem Tempo neben ihr und gab ihr Halt und Vertrauen. Was für eine unglaubliche und doch so erwartete Begegnung...
"So, ich seh jetzt nach. Ich gehe jetzt in Trance und bin in zehn Minuten wieder hier." Mit dieser Entscheidung riss Damian Alice aus ihren sinnierenden Gedanken und verschwand vom Bildschirm. Ihre Aufregung wechselte sich mit ihrer Begeisterung und ihrer Ungeduld ab, um schließlich in Vorfreude umzuschlagen und sie an den Laptop zu fesseln.
Zum Glück war er schnell wieder da und begann auch sofort ihr von dem Raben zu erzählen, der ihm begegnet war. Ein Rabe also? Ein Totenvogel? Na wunderbar. Schon wollte die Angst, von der sie sich kürzlich erst verabschiedet hatte, wieder ihren angestammten Platz einnehmen. Doch Alice schubste sie weg. Sie brauchte Platz für das Neue, was bald kommen würde. Als hätte er's mal wieder geahnt fragte Damian nach. Vielleicht tat er das auch immer an dieser Stelle, wenn er in eine solche Krafttierbegegnung involviert war. Was verbindet man mit dem Tier, das einen begleiten und weiterbringen wollte? Was genau verband sie damit?
Na, an erster Stelle diese wohl anerzogene Angst vor einem Symbol des Todes, einem vermeintlich schlechten Omen. Aber auch wunderschönes glänzend schwarzes Gefieder und die Tatsache, dass Raben als Gefährten von Kindern vorkamen, sowohl in Geschichten als auch in der Realität. Ebenso begleiteten sie Menschen mit besonderen Fähigkeiten. Alles in Allem war der Rabe also vielleicht doch ein spannendes Tier. Das, was Damian dann noch dazu zu sagen hatte zementierte diesen Eindruck:
Der Rabe, der sich Damian gezeigt hatte, trug ein blaues Energieband und einen Fisch mit sich. Das Band ist mit Noten und/oder Buchstaben beschriftet. Ihr Rabe steht für Intuition und Kreativität, Eigenschaften, die auch Alice innewohnen und er kann ihr helfen zu lernen, diese Eigenschaften stärker zu leben und zu nutzen und mit den damit verbundenen Erfolgen, den Früchten dieser Fähigkeiten umzugehen. Faszinierend!
Alice hatte zweierlei Assoziationen: Zum einen erinnerte sie dieser gestrige Chat sehr deutlich an den Verlauf einer Geburt. Ja, manchmal war das Chatten mit Damian genau so, wie ein Kind zu gebären. Man fand zusammen in dem Gefühl dass demnächst etwas Angekündigtes, etwas Großes passieren würde, dass etwas Neues seinen Weg von anderswo in die hiesige Welt finden würde. Man traf alle Vorbereitungen dafür und erwartete es bis es sich schließlich durch die Gespräche wie durch einen Geburtskanal hindurchgewunden hatte, manchmal stieß man es ein bisschen von außen an, oder zog, um ihm auf den Weg zu helfen. Und dann bestaunte und begrüßte man es gemeinsam und freute sich auf all die Erlebnisse und Veränderungen die es im Gepäck hatte.
Zum anderen kam es ihr vor, als haben viele kleine Dinge schon auf die Begegnung mit ihrem Raben und seinen Anliegen hingedeutet und sie vorbereitet. Die Auseinandersetzung mit sich selber, ihrer hiesigen, irdischen Persönlichkeit, ihren ureigenen Schwächen und Schatten, ihrer Angst, die Entscheidung, die Angst nun endlich soweit loszulassen, dass sie nicht mehr blockieren, nicht mehr hindern kann, die Arbeit daran, sich vollständiger als das zu akzeptieren, was sie wirklich ist, in ihrem tiefsten Inneren, sich mit sich selber auszusöhnen und stärker anzufreunden, Energien in sich zu finden und diese sich selbst und auch anderen zur Verfügung zu stellen... Da sie darüber nachdachte fielen ihr unzählige Situationen ein in denen der aktuelle Moment vorbereitet worden war, unzählige manchmal sehr klein, aber niemals unwichtig erscheinende Begebenheiten, die alle mit diesem Augenblick verbunden waren.
Damian hatte ihr einen Text über die Botschaft des Raben gesendet. Dort hieß es unter anderem:
In dir steckt eine starke Magie. Du besitzt heilende und hellseherische Gaben. Du hast sie noch nicht vollständig erkennen können, weil du die Vergangenheit noch nicht von dir gelöst hast. Du hängst in deiner geistig-spirituellen Entwicklung fest, die jetzt immer mehr zum Vorschein kommt. Lasse die Träume, die Gedanken und die Gefühle in dir zu, sie geben dir Botschaften und Hinweise. Erkenne deine jetzige Situation und sehe die Zukunft nicht durch ein schwarzes Tuch vor dir. Öffne den Vorhang in dir, der dich das "sehen" lässt, was anderen verborgen bleibt. Nimm dich an, so, wie Du bist und versuche nicht etwas zu verdrängen, aus angst im Abseits zu stehen. Du bist deine eigene innewohnende Kraft, die dich antreibt, aber nur, wenn du deine Ängste beiseite schiebst. Setze deine Kräfte zum Wohle aller ein, denn sie können ein Bumerang sein und zu dir zurückkehren. Missbrauche deine Energie nicht, um anderen zu schaden. Der Rabe sagt dir, dass Du Geheimnisse besser hüten sollst. Der Rabe, als der Hüter des Geheimnisvollen, möchte, dass Du dich deiner eigenen Geheimnisse besinnst, aber auch offen dafür bist, wenn Du in dir selbst das Geheimnisvolle entdeckst. Solltest Du deine Magie missbrauchen oder respektlos einsetzen, so werden die Hüter der Geheimnisse dich bis in deine Träume verfolgen.
Ja, sie fühlte sich deutlich angesprochen von diesen Zeilen. Über eines war sie beim Lesen allerdings gestolpert. Sie solle Geheimnisse besser hüten. Was das wohl bedeutete? Sie hielt sich eigentlich nicht für besonders schwatzhaft und Dinge, die ihr im Vertrauen erzählt wurden, waren bei ihr gut aufgehoben. Aber vielleicht ging es auch vor allem um ihre eigenen Geheimnisse. Im Grunde war diese beispiellose und märchenhafte Chatbeziehung ein einziges großes Geheimnis. Nur sehr wenig davon durfte sie nach Außen dringen lassen. Und das auch nur punktuell, herausgerissen aus dem großem Ganzen.
Irgendwann, in einem der unzähligen früheren Chats, hatte Damian einmal so etwas gesagt wie, dass sie nun so weit wäre, dass sie dieser besonderen Verantwortung des zusätzlichen Wissens und der zusätzlichen Freiheiten gewachsen sei. Sie hoffte sehr, dass er damit Recht hatte. Nachdenklich beendet sie ihr Schreiben und geht schlafen.
... link
Schmerzlust (10)
corona, 11:24h
Mit mulmigem Gefühl startet Alice heute ihren Rechner. Sie wollte endlich verschriftlichen, welche gefürchtete Rechnung zwischen Damian und ihr noch offen war.
Zu Beginn ihrer Chats hatte Alice Damian zunächst hinsichtlich ihrer Identität belogen und war mehr als überrascht gewesen, dass er, als er davon erfuhr, kein großes Aufhebens darum gemacht hatte. Abgesehen von der Vereinbarung ihm ab sofort die Wahrheit zu sagen und dem Aufklären aller bisherigen Unwahrheiten hatte er das Thema zügig vom Tisch geräumt.
Das Aufklären aller bisherigen Unwahrheiten... Unwohl erinnert Alice sich daran, dass sie das Meiste zwar tatsächlich gerade gerückt hatte, in einer Sache aber an der Lüge festgehalten hatte. Obwohl Damian sie mehrfach gefragt hatte -unglaublich, wie er die verbliebene Lüge erahnt hatte- war sie bei dem falschen Vornamen geblieben, den sie ihm aufgetischt hatte.
Viele Wochen später waren sie aus Gründen, die Alice heute nicht mehr erinnerte, noch einmal auf diese Frage nach ihrem Vornamen zurückgekommen. Und dieses Mal hatte Alice die Lüge aufgeklärt, voller Angst, dass ihr Kontakt damit nun beendet sei. Damian war wirklich ziemlich sauer gewesen und hatte sie das auch deutlich spüren lassen.
Mit einem Alice nicht enden scheinenden Wechsel zwischen verhörenden, bohrenden Nachfragen und scharfen Zurechtweisungen hatte Damian sie heftig runtergeputzt. Nichts von dem was sie angeführt hatte konnte seine Wut mildern. Wie gern hätte sie diesen Fehler ungeschehen gemacht. Aber so sehr sie das auch beteuerte, Damian war mehr als verärgert. Sie hatte sich grauenvoll gefühlt. Winzig zusammengestaucht; es fühlte sich abscheulich an.
Das schlimmste für Alice war allerdings die Tatsache, dass er sich, nachdem er seinem Ärger Luft gemacht hatte, zurückgezogen hatte. Sie hatte nicht gewusst, wann oder ob überhaupt wieder ein Kontakt stattfinden würde. Diese Art von Verbindungsabriss machte sie buchstäblich krank.
Sie beginnt zu frieren, während sie diese Erinnerung verschriftlicht.
Mit unbeschreiblicher Erleichterung hatte sie dann aber erlebt, dass er doch wieder mit ihr gechattet hatte. Zwar hatte er sie zunächst ein zweites Mal durch die Mühle gedreht und ihr mit harschen Fragen und einschneidenden Bemerkungen zugesetzt, aber schließlich ihre Unterhaltungen fortgeführt. Und unterhalten hatte er sich ganz sicher, als er ihr verkündet hatte, dass er sie für diese dreiste Lüge bestrafen würde.
Alice wird flau im Magen als sie daran zurückdenkt. Er hatte sie raten lassen, auf welche Weise sie dafür bezahlen würde. Himmel, war das demütigend. Wenigstens konnte er sie nicht sehen, aber auch so war es schlimm genug sich selber ausmalen zu müssen, welche Strafe sie wohl erwartete. Ganz zu schweigen davon, wie sehr sie sich überwinden musste ihre Ideen dazu in Worte zu fassen.
Einerseits wünschte sie sich, diese unleidliche Lüge mit einer Bestrafung aus der Welt schaffen zu können, andererseits fand sie es beschämend, die Details dazu erfragen zu müssen. Sie war auch nicht sicher, ob sie das alles überhaupt vorher wissen wollte. Garantiert würden die Gedanken daran sie nicht mehr loslassen. Nun, das half ihr auch nichts. Sie sollte es wissen, und bestimmt amüsierte er sich königlich bei der Vorstellung, dass sie dieses Wissen in Gedanken nun zäh von links nach rechts schob ohne es zerkauen oder beiseite legen zu können.
Die Erleichterung darüber, dass er sie strafen und nicht aussortieren würde überwog zwar deutlich, dennoch hasste sie diese Behandlung jetzt schon. Sie wand sich innerlich und gleichzeitig überschlugen sich die Bilder möglicher Strafen in ihrem Kopf. Mit Überwindung hatte sie dann begonnen, seine Pläne zu erfragen, nur um mit Schrecken festzustellen, dass der Gedanke an diese Strafe sie tatsächlich nicht mehr loslassen würde. Sie würde sich von schraubstockartigen Klauen umklammert fühlen, die sie erbarmungslos zwangen, sich immer und immer wieder den Ablauf der Bestrafung auszumalen.
Er würde sie für die Namenslüge über einen Bock fesseln und mit dem Stock schlagen. Sogar die Anzahl der Schläge hatte er schon festgelegt. Unfassbare zwanzig Schläge sollten es werden. Alice durfte gar nicht daran denken. Er hatte ihr schließlich ziemlich detailliert beschrieben wie die Strafe ablaufen würde. Sie sah sich schon Rotz und Wasser heulen vor Peinlichkeit, Schmerz, Schuldegefühlen und Aufregung. Sie hatte auch ziemliche Angst vor dem Stock.
Wie sehr würde es weh tun? Damian war sicher nicht zimperlich. Sie dagegen schon. Mist, Mist, Mist. Elender Mist. Sie versuchte sich zu beruhigen. Er war kein hemmungsloser Frauenverdrescher, der ohne Sinn und Verstand und ohne Rücksicht auf Verluste zuschlagen würde. War also alles gut. Alles gut? Sie lachte hysterisch auf. Er wollte sie strafen, nicht streicheln. Und er würde ihr weh tun. Das war Sinn der Sache. Er würde sie zwar dosiert und gezielt schlagen, aber es würde weh tun. Der Stock tut nun einmal weh, wenn er ihr damit nicht gerade eine Liebeserklärung auf den Allerwertesten schrieb. Verdammt. Garantiert würde sie flennen.
Wie gern hätte sie in der Situation ein Taschentuch... Die Vorstellung, hilflos und mit Rotznase über dem Bock liegen zu müssen und sich nichtmal die Nase putzen zu können erfüllte sie mit Scham. Was für eine peinliche Situation... Und gleichzeitig so trostlos... Unvorstellbar, eigentlich, aber ihr verfluchtes Hirn konnte nicht damit aufhören ihr Bilder davon zu senden. Sie hatte verbissen versucht, Damian zu überreden ihr das Taschentuch zuzugestehen, und nach langem und mühevollem Verhandeln sogar kurz das Gefühl gehabt er würde weich und ihrer Bitte zustimmen. Doch da hatte sie sich wohl getäuscht, denn Damian hatte es sich offen gehalten, ob er ihr das gewünschte Taschentuch gewähren würde.
Na toll, er lag ja auch nicht da und tropfte unkontrolliert vor sich hin! Was stellte der sich so an wegen eines simplen Taschentuches? Jeder normale Mensch putzte sich die Nase wenn dies nötig war, und genau so wollte sie das auch halten! Meistens himmelte Alice Damian an, aber es gab Momente, in denen sie ganz sicher war, dass sie ihn bald auch leidenschaftlich hassen würde!
Gleichzeitig griff erneut Angst nach ihr. Wie sehr würden diese Schläge schmerzen? Würde sie überhaupt zwanzig von ihnen aushalten können?
Achja, verdammt, auch das noch! Wie hatte sie das nur vergessen können? Zu allem Übel würde sie, während Damian sie schlug, seinen Schlüsselbund festhalten müssen. Sie hatten lange darüber diskutiert, obwohl die Tatsache, dass sie das blöde Ding festhalten würde, im Grunde nie wirklich zur Debatte stand. Er bestand darauf, dass sie diesen Gegenstand in der Hand behalten würde, um ihn im Notfall fallen lassen und damit die Situation abbrechen zu können.
Das war ja grundsätzlich auch richtig und wichtig. Falls sie tatsächlich aus der Situation aussteigen wollte, musste das möglich sein. Sie hatte der Strafe und dem Schmerz im Vorfeld zwar freiwillig zugestimmt, aber niemand konnte wissen, ob die Qual nicht doch zu groß würde und sie stoppen wollte. Dazu sollte der Schlüssel dienen. Sobald sie ihn loslassen würde, würde Damian die Strafe abbrechen.
Alice war noch nie besondere Freundin des in BDSM-Kreisen vielgerühmten Safeworts gewesen. Mal abgesehen davon, dass es ihr eine Macht gab, die sie in der Situation nicht wirklich haben wollte, war sie der festen Überzeugung, dass Probleme in einer Session auch ohne dieses Konstrukt kommunizierbar seien. Und die angebliche Notwendigkeit eines Schlüssels wollte sie erst recht nicht begreifen. Wenn wirklich etwas eintreten würde, was einen Abbruch ihrerseits erforderlich machte könnte sie das doch sagen?
"Mir wird schlecht" oder "Ich hab einen Krampf im kleinen Zeh" sprach man doch von ganz alleine aus? Ein Safewort konnte sie ja fast noch verstehen, falls die Schläge mal wirklich unerträglich würden. Aber auch da dachte sie im Grunde, das sei an Tonfall und Wortwahl deutlich ablesbar. Er dachte anders.
Er sah das ganze einerseits als Schutz für sie, aber auch als den Teil, an dem sie Verantwortung für sich selbst übernahm. Also würde es genau so laufen wie er angekündigt hatte, sie würde das vermaledeite Teil umklammern; und zwar nicht zuletzt aus dem Grund, dass sie die Vorstellung einen Schlüssel festhalten zu müssen so hasste.
Im Grunde wäre auch kein Sicherheitsgegenstand wie der Schlüssel nötig gewesen. Den benutzte man eigentlich nur dann als Alternative zum Safewort, wenn ein Knebel oder ähnliches das Sprechen unmöglich machte. Aber da sie sich so vehement gegen seinen Einsatz gewehrt hatte würde sie ihn nun definitiv halten müssen, auch wenn eigentlich kein Knebel vorgesehen war.
Was für ein Arschloch! Als ob die Situation nicht schon ätzend genug für sie werden würde! Was, wenn sie das Ding versehentlich aus der Hand verlor?
Würde er das auch bestrafen? Zusätzlich? Wie lange würde das Ganze dauern? Wenn er auch nur annähernd so streng mit ihr sein würde, wie er es im Chat gewesen war würde sie sich sicher in die Hose struseln. Falls sie dann überhaupt eine an hatte... Himmel, diese Gedanken würden sie nicht mehr loslassen, bis es überstanden war, dessen war sie sicher.
Voller vorweggenommener wütender Verlegenheit beendet sie mit zorniger Furcht das Schreiben.
Zu Beginn ihrer Chats hatte Alice Damian zunächst hinsichtlich ihrer Identität belogen und war mehr als überrascht gewesen, dass er, als er davon erfuhr, kein großes Aufhebens darum gemacht hatte. Abgesehen von der Vereinbarung ihm ab sofort die Wahrheit zu sagen und dem Aufklären aller bisherigen Unwahrheiten hatte er das Thema zügig vom Tisch geräumt.
Das Aufklären aller bisherigen Unwahrheiten... Unwohl erinnert Alice sich daran, dass sie das Meiste zwar tatsächlich gerade gerückt hatte, in einer Sache aber an der Lüge festgehalten hatte. Obwohl Damian sie mehrfach gefragt hatte -unglaublich, wie er die verbliebene Lüge erahnt hatte- war sie bei dem falschen Vornamen geblieben, den sie ihm aufgetischt hatte.
Viele Wochen später waren sie aus Gründen, die Alice heute nicht mehr erinnerte, noch einmal auf diese Frage nach ihrem Vornamen zurückgekommen. Und dieses Mal hatte Alice die Lüge aufgeklärt, voller Angst, dass ihr Kontakt damit nun beendet sei. Damian war wirklich ziemlich sauer gewesen und hatte sie das auch deutlich spüren lassen.
Mit einem Alice nicht enden scheinenden Wechsel zwischen verhörenden, bohrenden Nachfragen und scharfen Zurechtweisungen hatte Damian sie heftig runtergeputzt. Nichts von dem was sie angeführt hatte konnte seine Wut mildern. Wie gern hätte sie diesen Fehler ungeschehen gemacht. Aber so sehr sie das auch beteuerte, Damian war mehr als verärgert. Sie hatte sich grauenvoll gefühlt. Winzig zusammengestaucht; es fühlte sich abscheulich an.
Das schlimmste für Alice war allerdings die Tatsache, dass er sich, nachdem er seinem Ärger Luft gemacht hatte, zurückgezogen hatte. Sie hatte nicht gewusst, wann oder ob überhaupt wieder ein Kontakt stattfinden würde. Diese Art von Verbindungsabriss machte sie buchstäblich krank.
Sie beginnt zu frieren, während sie diese Erinnerung verschriftlicht.
Mit unbeschreiblicher Erleichterung hatte sie dann aber erlebt, dass er doch wieder mit ihr gechattet hatte. Zwar hatte er sie zunächst ein zweites Mal durch die Mühle gedreht und ihr mit harschen Fragen und einschneidenden Bemerkungen zugesetzt, aber schließlich ihre Unterhaltungen fortgeführt. Und unterhalten hatte er sich ganz sicher, als er ihr verkündet hatte, dass er sie für diese dreiste Lüge bestrafen würde.
Alice wird flau im Magen als sie daran zurückdenkt. Er hatte sie raten lassen, auf welche Weise sie dafür bezahlen würde. Himmel, war das demütigend. Wenigstens konnte er sie nicht sehen, aber auch so war es schlimm genug sich selber ausmalen zu müssen, welche Strafe sie wohl erwartete. Ganz zu schweigen davon, wie sehr sie sich überwinden musste ihre Ideen dazu in Worte zu fassen.
Einerseits wünschte sie sich, diese unleidliche Lüge mit einer Bestrafung aus der Welt schaffen zu können, andererseits fand sie es beschämend, die Details dazu erfragen zu müssen. Sie war auch nicht sicher, ob sie das alles überhaupt vorher wissen wollte. Garantiert würden die Gedanken daran sie nicht mehr loslassen. Nun, das half ihr auch nichts. Sie sollte es wissen, und bestimmt amüsierte er sich königlich bei der Vorstellung, dass sie dieses Wissen in Gedanken nun zäh von links nach rechts schob ohne es zerkauen oder beiseite legen zu können.
Die Erleichterung darüber, dass er sie strafen und nicht aussortieren würde überwog zwar deutlich, dennoch hasste sie diese Behandlung jetzt schon. Sie wand sich innerlich und gleichzeitig überschlugen sich die Bilder möglicher Strafen in ihrem Kopf. Mit Überwindung hatte sie dann begonnen, seine Pläne zu erfragen, nur um mit Schrecken festzustellen, dass der Gedanke an diese Strafe sie tatsächlich nicht mehr loslassen würde. Sie würde sich von schraubstockartigen Klauen umklammert fühlen, die sie erbarmungslos zwangen, sich immer und immer wieder den Ablauf der Bestrafung auszumalen.
Er würde sie für die Namenslüge über einen Bock fesseln und mit dem Stock schlagen. Sogar die Anzahl der Schläge hatte er schon festgelegt. Unfassbare zwanzig Schläge sollten es werden. Alice durfte gar nicht daran denken. Er hatte ihr schließlich ziemlich detailliert beschrieben wie die Strafe ablaufen würde. Sie sah sich schon Rotz und Wasser heulen vor Peinlichkeit, Schmerz, Schuldegefühlen und Aufregung. Sie hatte auch ziemliche Angst vor dem Stock.
Wie sehr würde es weh tun? Damian war sicher nicht zimperlich. Sie dagegen schon. Mist, Mist, Mist. Elender Mist. Sie versuchte sich zu beruhigen. Er war kein hemmungsloser Frauenverdrescher, der ohne Sinn und Verstand und ohne Rücksicht auf Verluste zuschlagen würde. War also alles gut. Alles gut? Sie lachte hysterisch auf. Er wollte sie strafen, nicht streicheln. Und er würde ihr weh tun. Das war Sinn der Sache. Er würde sie zwar dosiert und gezielt schlagen, aber es würde weh tun. Der Stock tut nun einmal weh, wenn er ihr damit nicht gerade eine Liebeserklärung auf den Allerwertesten schrieb. Verdammt. Garantiert würde sie flennen.
Wie gern hätte sie in der Situation ein Taschentuch... Die Vorstellung, hilflos und mit Rotznase über dem Bock liegen zu müssen und sich nichtmal die Nase putzen zu können erfüllte sie mit Scham. Was für eine peinliche Situation... Und gleichzeitig so trostlos... Unvorstellbar, eigentlich, aber ihr verfluchtes Hirn konnte nicht damit aufhören ihr Bilder davon zu senden. Sie hatte verbissen versucht, Damian zu überreden ihr das Taschentuch zuzugestehen, und nach langem und mühevollem Verhandeln sogar kurz das Gefühl gehabt er würde weich und ihrer Bitte zustimmen. Doch da hatte sie sich wohl getäuscht, denn Damian hatte es sich offen gehalten, ob er ihr das gewünschte Taschentuch gewähren würde.
Na toll, er lag ja auch nicht da und tropfte unkontrolliert vor sich hin! Was stellte der sich so an wegen eines simplen Taschentuches? Jeder normale Mensch putzte sich die Nase wenn dies nötig war, und genau so wollte sie das auch halten! Meistens himmelte Alice Damian an, aber es gab Momente, in denen sie ganz sicher war, dass sie ihn bald auch leidenschaftlich hassen würde!
Gleichzeitig griff erneut Angst nach ihr. Wie sehr würden diese Schläge schmerzen? Würde sie überhaupt zwanzig von ihnen aushalten können?
Achja, verdammt, auch das noch! Wie hatte sie das nur vergessen können? Zu allem Übel würde sie, während Damian sie schlug, seinen Schlüsselbund festhalten müssen. Sie hatten lange darüber diskutiert, obwohl die Tatsache, dass sie das blöde Ding festhalten würde, im Grunde nie wirklich zur Debatte stand. Er bestand darauf, dass sie diesen Gegenstand in der Hand behalten würde, um ihn im Notfall fallen lassen und damit die Situation abbrechen zu können.
Das war ja grundsätzlich auch richtig und wichtig. Falls sie tatsächlich aus der Situation aussteigen wollte, musste das möglich sein. Sie hatte der Strafe und dem Schmerz im Vorfeld zwar freiwillig zugestimmt, aber niemand konnte wissen, ob die Qual nicht doch zu groß würde und sie stoppen wollte. Dazu sollte der Schlüssel dienen. Sobald sie ihn loslassen würde, würde Damian die Strafe abbrechen.
Alice war noch nie besondere Freundin des in BDSM-Kreisen vielgerühmten Safeworts gewesen. Mal abgesehen davon, dass es ihr eine Macht gab, die sie in der Situation nicht wirklich haben wollte, war sie der festen Überzeugung, dass Probleme in einer Session auch ohne dieses Konstrukt kommunizierbar seien. Und die angebliche Notwendigkeit eines Schlüssels wollte sie erst recht nicht begreifen. Wenn wirklich etwas eintreten würde, was einen Abbruch ihrerseits erforderlich machte könnte sie das doch sagen?
"Mir wird schlecht" oder "Ich hab einen Krampf im kleinen Zeh" sprach man doch von ganz alleine aus? Ein Safewort konnte sie ja fast noch verstehen, falls die Schläge mal wirklich unerträglich würden. Aber auch da dachte sie im Grunde, das sei an Tonfall und Wortwahl deutlich ablesbar. Er dachte anders.
Er sah das ganze einerseits als Schutz für sie, aber auch als den Teil, an dem sie Verantwortung für sich selbst übernahm. Also würde es genau so laufen wie er angekündigt hatte, sie würde das vermaledeite Teil umklammern; und zwar nicht zuletzt aus dem Grund, dass sie die Vorstellung einen Schlüssel festhalten zu müssen so hasste.
Im Grunde wäre auch kein Sicherheitsgegenstand wie der Schlüssel nötig gewesen. Den benutzte man eigentlich nur dann als Alternative zum Safewort, wenn ein Knebel oder ähnliches das Sprechen unmöglich machte. Aber da sie sich so vehement gegen seinen Einsatz gewehrt hatte würde sie ihn nun definitiv halten müssen, auch wenn eigentlich kein Knebel vorgesehen war.
Was für ein Arschloch! Als ob die Situation nicht schon ätzend genug für sie werden würde! Was, wenn sie das Ding versehentlich aus der Hand verlor?
Würde er das auch bestrafen? Zusätzlich? Wie lange würde das Ganze dauern? Wenn er auch nur annähernd so streng mit ihr sein würde, wie er es im Chat gewesen war würde sie sich sicher in die Hose struseln. Falls sie dann überhaupt eine an hatte... Himmel, diese Gedanken würden sie nicht mehr loslassen, bis es überstanden war, dessen war sie sicher.
Voller vorweggenommener wütender Verlegenheit beendet sie mit zorniger Furcht das Schreiben.
... link
... older stories