Donnerstag, 5. September 2013
Dornenfessel (13)
corona, 11:27h
Alice öffnet den Laptop. Seit ein paar Tagen schon sinnierte sie über die Frage, wer sie eigentlich genau war. Vor kurzem hatte jemand über Damian den Satz gesagt: "Wer sich längere Zeit mit Damian beschäftigt wird selten ohne Metarmorphose davonkommen." Das konnte sie nur bestätigen und hinzufügen, dass es eine besondere Gültigkeit besaß, wenn man, so wie Alice selbst, nahezu versessen darauf war sich zu entwickeln. Sie wusste zwar nicht so ganz genau wo sie überhaupt hinwollte, war aber laut Damian losgeprescht wie ein Windhund auf der Rennbahn. Auch wenn sie es in den vergangenen Monaten nie so empfunden hatte, sah Alice inzwischen ein, dass er Recht gehabt hatte. Es war wirklich einiges passiert.
Als sie ihm fast beiläufig davon erzählt hatte, dass sie sich seit kurzem ein wenig fremd vorkam, hatte ihn das aufhorchen lassen. Er hatte es ganz genau wissen wollen und war fast ein wenig ungehalten, weil er offenbar den Eindruck gehabt hatte, Alice wiegele ab, beschönige und spiele herunter. Er hatte zügige und ehrliche Antworten auf seine Fragen gefordert, die dann auch sogleich auf sie eingeprasselt waren.
Vor allem wollte er wissen, ob und inwieweit Alice sich als manipuliert empfand und ob sie vielleicht das Gefühl habe, dass ihr etwas Fremdes übergestülpt worden wäre. Außerdem interessierte ihn, ob sie sich vielleicht weniger selbst entwickelt hatte, als sich viel mehr lediglich eine neue Haltung aufgeschminkt habe.
So gut sie konnte hatte sie ihm Auskunft gegeben und dabei nicht wirklich verstanden, warum er das Ganze für so wichtig erachtete. Sie hatte argumentiert, dass es doch nicht allzu ungewöhnlich sei, sich mal langsamer und mal schneller zu entwickeln und dass man, wenn es denn mal etwas zügiger ging, vielleicht ein wenig Anpassungszeit brauchte um sich selbst wieder neu kennen zu lernen. Sie vermutete, dass ihr Kopf einfach nicht so schnell hinter ihrem Bauch herkam, wie es ihm lieb gewesen wäre. Aber das würde schon werden, da war sie sicher.
Beunruhigt war sie dadurch jedenfalls nicht. Außerdem gefielen ihr ja die meisten Veränderungen ausgesprochen gut. Sie überblickte zwar noch nicht alles, hatte wohl sogar manche Entwicklung bereits wieder vergessen oder gar nicht so deutlich wahrgenommen und glaubte demzufolge fast, es sei schon immer so gewesen.
Trotzdem hatte Damian entschieden, dass es vorerst weder Eingebungen noch Reisen in die Unterwelt für Alice geben würde. Sie und vor allem ihr Unterbewusstes hätten nun Pause bis sie sich wieder stabilisiert hätten. Na toll. Das war nun wirklich das Letzte was Alice wollte. Sie fühlte sich gar nicht instabil, sie war bloß dabei die neuen Anteile in sich kennen zu lernen. Es machte ihr weder Angst noch sonst irgendein ungutes Gefühl und sie wollte einfach weitermachen ohne das Tempo zu drosseln.
Damian hatte jedoch sehr deutlich gemacht, dass das was sie wollte gerade überhaupt nicht von Belang war und vehement ihre Zustimmung eingefordert, vorerst nicht in die Unterwelt zu reisen. Sie hatte ihm das zögernd zugesagt, und sich etwas darüber gewundert, dass sie sich dazu durchringen konnte. Offenbar schaffte sie es, sich auch dann seiner Führung zu überlassen, wenn ihr Richtung und Gangart die er einschlug so gar nicht gefielen.
Ein paar Chats später waren sie noch einmal auf dieses Thema zurückgekommen, natürlich, denn Alice wollte ja wieder reisen und einfach mit dem weitermachen was ihr im Moment verboten war. Aber auch Damian beschäftigte die Angelegenheit immer noch. Ganz offenbar sah er sich in großer Verantwortung und wollte dieser auch zu hundert Prozent gerecht werden und ganz sicher gehen, sie nicht versehentlich zu destabilisieren. Er hatte sich zwar nicht deutlich dazu geäußert, aber Alice hatte dennoch das Gefühl gehabt, dass sie ihm möglicherweise vermittelt hatte, das, was sie da seit Monaten miteinander machten habe nun negative Auswirkungen.
Himmel, das hatte sie nun wirklich nicht damit sagen wollen! Ganz im Gegenteil, sie fand die Gesamtentwicklung fantastisch! Er konnte doch nicht allen Ernstes so irritiert über ihre Äußerung sein, dass er verkannte, wie großartig das Alles war?
Dennoch hatte sie zugegeben, dass es sich für sie irgendwie richtig anfühlte, eine Weile Magie Magie sein zu lassen, sie aber andererseits darauf brannte anzuknüpfen und nicht zuviel Zeit verstreichen zu lassen, denn verarbeiten könne sie sicher demnächst noch genug. Im Grunde wollte sie jetzt erstmal weiter erleben. Er war aber unnachgiebig geblieben und hatte ihr mitgeteilt, dass sie noch warten müsse bis er ihr ausdrücklich erlaubte die Reisen wieder aufzunehmen.
Sie hätte sich in den Arsch beißen können, weil Damian sich nun einen Kopf machte, unnötig wie sie fand und die ganze Sache eine viel größere Bedeutung bekam als ihr Alices Ansicht nach zustand. Und sie hatte ihm genau das gesagt. "Ich könnte mich in den Arsch beißen, überhaupt davon erzählt zu haben." Unüberlegt hatte sie diesen Satz so dahingetippt. Und prompt die Quittung erhalten.
Damian war alles andere als erfreut über diesen Kommentar und hätte sie, wie er sagte, nur zu gern in greifbarer Nähe gehabt, um sie dafür zu strafen. Er hatte ihr, als sie mit den Eingebungen begonnen hatten, sehr deutlich gesagt, dass sie ihm jedes irritierende Gefühl sofort mitzuteilen hätte und auch nur ansatzweise in Erwägung zu ziehen dies zu unterlassen mache ihn wild darauf, Alice rücklings über den Tisch zu binden und mit Klammern und Strom zu quälen.
Manchmal war Alice sehr froh weit weg zu sein und seine strenge Autorität ein wenig gefiltert zu erleben. Er war auch so deutlich genug gewesen und bestand darauf, dass sie die Dinge nicht auf die leichte Schulter nahm und vor allem erste Anzeichen eines sich eventuell gerade ankündigendens "zu schnell" oder "zu viel" ernst nahm und sich entsprechend verhielt. Hatte sie im Grunde ja auch. Sie hatte ihm doch erzählt was in ihr vorging. Und sie war sehr froh darüber.
Sie mochte sich nichtmal vorstellen, wie er reagiert hätte wenn sie ihm diese Informationen tatsächlich zunächst vorenthalten hätte. Außerdem traute sie ihm manchmal mehr als sich selbst. Ihr gefiel zwar die Zwangspause gerade so überhaupt nicht, aber wenn sie ganz ehrlich zu sich selber war tat es ihr trotzdem gut einmal alles Erlebte sacken zu lassen. Er hatte das nur mal wieder schneller gewusst. Und er hätte, gesetzt dem Fall sie wäre physisch bei ihm gewesen, nicht gezögert der Richtigkeit und Wichtigkeit seiner Einschätzung handfest Nachdruck zu verleihen. Seine Beschreibungen hatten ihr einen kleinen Einblick vermittelt und ihre überaktive Fantasie hatte dazu beigetragen, dass sie Grusel vor einem tatsächlichen Erlebnis dieser Art empfand.
Klammern machten bestimmt einen ganz ekelhaften Schmerz und Alice wollte an die möglichen Stellen, die er wählen würde nicht einmal denken. Ganz zu schweigen von Strom. Trotzdem sah sie ihn vor ihrem inneren Auge und war sich sehr sicher, wie die Situation ablaufen würde. Klammern rauf, böse gucken, zwei tadelnde Sätze, ein Versprechen ihrerseits, Klammern runter und gut wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht seine Art die Angelegenheit handzuhaben.
Nein, er würde das Ganze zelebrieren, sich Zeit lassen, den Moment auskosten und sie leiden lassen. Sie würde für ihre sorglose Unüberlegtheit und ihre leichtsinnige Haltung bezahlen und zukünftig genauer nachdenken und Risiken verantwortlicher abwägen. Damian würde mit ruhiger, aber sadistischer Hartnäckigkeit dafür sorgen, dass sie begriff, dessen war sie sich gewiss. Doch vorerst war sie sicher vor dieser Art von Behandlung. Dachte sie.
Am nächsten Tag hatte Damian das Thema nochmal ausgepackt und schon bei seiner Frage, wo Alice ihre Wäsche zum trocknen aufhänge, war ihr klar gewesen, was nun käme. Er hatte sie eine Holzklammer holen lassen, Holz, keinesfalls Plastik, darauf hatte er bestanden und Alice musste ihre rechte Brust frei machen. Ein dürftiger und alles andere als überzeugender Impuls des Widerstandes hatte sich schwächlich in ihr bemerkbar gemacht, war aber von der erschreckend gewaltigen Bereitschaft sich zu fügen weggefegt worden.
Soweit Alice sich erinnerte hatte sie nicht einmal den müden Versuch unternommen das Kommende abzuwehren und obwohl sie mit Schaudern und voller Argwohn dem bisher unbekannten Schmerz zu entrinnen hoffte hatte sie Damian nahezu widerspruchslos gehorcht.
Ein Funken Restverstand war zwischen der Fülle der Gefühle von Scham, Fügsamkeit und Erkennen aufgeglimmt und hatte ihr die Frage gestellt, was sie da eigentlich gerade machte. Alice hatte keine Zeit zu antworten, sie war damit beschäftigt Damians Anweisungen umzusetzen, was ihre Ratio umso absonderlicher fand. Dieser Teil von ihr hatte es sodann vorgezogen das Schauspiel von Außen zu betrachten und kopfschüttelnd auf die törichte Absurdität zu blicken, die sich ihm soeben darbot, es schenkte ihm ohnehin gerade niemand Gehör.
Alice hatte sich also voller Verlegenheit und zittrig die Holzklammer auf den äußeren rechten Brusthof geklemmt und mit großem Erstaunen festgestellt, dass der bissige, kneifende Schmerz den sie befürchtet hatte ausgeblieben war. Es tat nicht im Geringsten weh. Sie hatte aber keine Zeit dazu gehabt, ausgiebig über diesen Irrtum nachzudenken, denn Damian forderte Berichterstattung und befahl ihr unverzüglich, die Klammer nun direkt auf dem Nippel zu platzieren.
Getäuscht von der vorausgegangenen Erfahrung des ausgebliebenen Schmerzes gehorchte sie ohne zu zögern, ließ die Klammer zuschnappen und musste ein Aufjaulen unterdrücken. Ihgitt! Was für ein abscheulicher Schmerz! Sie beeilte sich Damian zu beschreiben was sie empfand und er erlaubte ihr dem Himmel sei Dank die Klammer direkt wieder abzunehmen und die Stelle zu massieren. Es zwickte und zwackte und Alice empfand eine Welle der Dankbarkeit darüber, dass Damian ihrem Leid so schnell ein Ende gemacht hatte. Diesmal.
War sie auch immer noch von Scham und Irritation vernebelt, wusste sie doch zweifellos, dass sie diesem Schmerz nicht zum letzten Mal begegnet war. Beschämt und verunsichert wartete sie darauf, dass ihr Verstand seinen angestammten Platz wieder einnahm und ihr dabei half, die Fassung zurückzugewinnen.
Das war keine Strafe gewesen. Es diente lediglich dazu, Damian ein erstes Bild darüber zu vermitteln, wie Alice diese Art von Schmerz empfand und verarbeitete. Und es diente dazu, kommende Erlebnisse ähnlicher Art einzuleiten. Unbekümmert hatte Damian ihr gesagt, dass normalerweise er derjenige sei, der die Klammern setze, da sie aber so weit weg sei, müsse sie nun eben selbst herhalten.
Unbekümmert war Alice ganz und gar nicht gewesen. Eine tiefe Irritation hatte sie ergriffen. Auch wenn sie nicht zum ersten Mal Damians Anweisungen umgesetzt hatte, diesmal hatte es ihr, nein, hatte sie sich selbst den Boden unter den Füßen weggezogen.
Ihr war nicht klar gewesen, wie fügsam sie sein konnte und sie wusste wirklich nicht ob ihr diese Fähigkeit gefiel. Den ganzen Nachmittag über hatte sie immer wieder daran denken müssen und sie hätte darauf gewettet, dass sie jedesmal zutiefst errötet war.
Diese Mischung aus Scham, Erregung, Hilflosigkeit und Dankbarkeit verwirrte sie zutiefst, und die Tatsache, dass zusätzliche Emotionen zwar Raum in ihr beanspruchten, sich aber nicht in erfassbarer Klarheit zu erkennen gaben, hatte sie taumeln lassen. Ihre mannigfaltigen und zum Teil gegensätzlichen Empfindungen waren für sie kaum sortierbar, geschweige denn analysierbar und hatten sich so sehr vermischt, dass Alice es vorerst aufgegeben hatte ein Verstehen erzwingen zu wollen.
Das Wechselbad der Gefühle hatte angedauert, bis Damian ein paar Worte dazu verloren hatte und ihr erklärt hatte, dass ihm ihre Folgsamkeit durchaus gefalle und ihr damit ein außerordentlich beruhigendes Gefühl von Angekommen sein und entkrampfter Stille geschenkt hatte.
Die Erkenntnis, dass genau das ihre Irritation eigentlich ins Heillose hätten steigern müssen, weil sie rundum zufrieden damit war, dass es ihm gefallen hatte und die Frage, ob sie selber diesen bereitwilligen Gehorsam an sich mochte vollständig verdrängt hatte, diese Erkenntnis hatte sie ersteinmal desinteressiert an sich vorbeiziehen lassen. Damit könnte sie sich ein anderes mal befassen.
Alice schließt ihren Laptop.
Als sie ihm fast beiläufig davon erzählt hatte, dass sie sich seit kurzem ein wenig fremd vorkam, hatte ihn das aufhorchen lassen. Er hatte es ganz genau wissen wollen und war fast ein wenig ungehalten, weil er offenbar den Eindruck gehabt hatte, Alice wiegele ab, beschönige und spiele herunter. Er hatte zügige und ehrliche Antworten auf seine Fragen gefordert, die dann auch sogleich auf sie eingeprasselt waren.
Vor allem wollte er wissen, ob und inwieweit Alice sich als manipuliert empfand und ob sie vielleicht das Gefühl habe, dass ihr etwas Fremdes übergestülpt worden wäre. Außerdem interessierte ihn, ob sie sich vielleicht weniger selbst entwickelt hatte, als sich viel mehr lediglich eine neue Haltung aufgeschminkt habe.
So gut sie konnte hatte sie ihm Auskunft gegeben und dabei nicht wirklich verstanden, warum er das Ganze für so wichtig erachtete. Sie hatte argumentiert, dass es doch nicht allzu ungewöhnlich sei, sich mal langsamer und mal schneller zu entwickeln und dass man, wenn es denn mal etwas zügiger ging, vielleicht ein wenig Anpassungszeit brauchte um sich selbst wieder neu kennen zu lernen. Sie vermutete, dass ihr Kopf einfach nicht so schnell hinter ihrem Bauch herkam, wie es ihm lieb gewesen wäre. Aber das würde schon werden, da war sie sicher.
Beunruhigt war sie dadurch jedenfalls nicht. Außerdem gefielen ihr ja die meisten Veränderungen ausgesprochen gut. Sie überblickte zwar noch nicht alles, hatte wohl sogar manche Entwicklung bereits wieder vergessen oder gar nicht so deutlich wahrgenommen und glaubte demzufolge fast, es sei schon immer so gewesen.
Trotzdem hatte Damian entschieden, dass es vorerst weder Eingebungen noch Reisen in die Unterwelt für Alice geben würde. Sie und vor allem ihr Unterbewusstes hätten nun Pause bis sie sich wieder stabilisiert hätten. Na toll. Das war nun wirklich das Letzte was Alice wollte. Sie fühlte sich gar nicht instabil, sie war bloß dabei die neuen Anteile in sich kennen zu lernen. Es machte ihr weder Angst noch sonst irgendein ungutes Gefühl und sie wollte einfach weitermachen ohne das Tempo zu drosseln.
Damian hatte jedoch sehr deutlich gemacht, dass das was sie wollte gerade überhaupt nicht von Belang war und vehement ihre Zustimmung eingefordert, vorerst nicht in die Unterwelt zu reisen. Sie hatte ihm das zögernd zugesagt, und sich etwas darüber gewundert, dass sie sich dazu durchringen konnte. Offenbar schaffte sie es, sich auch dann seiner Führung zu überlassen, wenn ihr Richtung und Gangart die er einschlug so gar nicht gefielen.
Ein paar Chats später waren sie noch einmal auf dieses Thema zurückgekommen, natürlich, denn Alice wollte ja wieder reisen und einfach mit dem weitermachen was ihr im Moment verboten war. Aber auch Damian beschäftigte die Angelegenheit immer noch. Ganz offenbar sah er sich in großer Verantwortung und wollte dieser auch zu hundert Prozent gerecht werden und ganz sicher gehen, sie nicht versehentlich zu destabilisieren. Er hatte sich zwar nicht deutlich dazu geäußert, aber Alice hatte dennoch das Gefühl gehabt, dass sie ihm möglicherweise vermittelt hatte, das, was sie da seit Monaten miteinander machten habe nun negative Auswirkungen.
Himmel, das hatte sie nun wirklich nicht damit sagen wollen! Ganz im Gegenteil, sie fand die Gesamtentwicklung fantastisch! Er konnte doch nicht allen Ernstes so irritiert über ihre Äußerung sein, dass er verkannte, wie großartig das Alles war?
Dennoch hatte sie zugegeben, dass es sich für sie irgendwie richtig anfühlte, eine Weile Magie Magie sein zu lassen, sie aber andererseits darauf brannte anzuknüpfen und nicht zuviel Zeit verstreichen zu lassen, denn verarbeiten könne sie sicher demnächst noch genug. Im Grunde wollte sie jetzt erstmal weiter erleben. Er war aber unnachgiebig geblieben und hatte ihr mitgeteilt, dass sie noch warten müsse bis er ihr ausdrücklich erlaubte die Reisen wieder aufzunehmen.
Sie hätte sich in den Arsch beißen können, weil Damian sich nun einen Kopf machte, unnötig wie sie fand und die ganze Sache eine viel größere Bedeutung bekam als ihr Alices Ansicht nach zustand. Und sie hatte ihm genau das gesagt. "Ich könnte mich in den Arsch beißen, überhaupt davon erzählt zu haben." Unüberlegt hatte sie diesen Satz so dahingetippt. Und prompt die Quittung erhalten.
Damian war alles andere als erfreut über diesen Kommentar und hätte sie, wie er sagte, nur zu gern in greifbarer Nähe gehabt, um sie dafür zu strafen. Er hatte ihr, als sie mit den Eingebungen begonnen hatten, sehr deutlich gesagt, dass sie ihm jedes irritierende Gefühl sofort mitzuteilen hätte und auch nur ansatzweise in Erwägung zu ziehen dies zu unterlassen mache ihn wild darauf, Alice rücklings über den Tisch zu binden und mit Klammern und Strom zu quälen.
Manchmal war Alice sehr froh weit weg zu sein und seine strenge Autorität ein wenig gefiltert zu erleben. Er war auch so deutlich genug gewesen und bestand darauf, dass sie die Dinge nicht auf die leichte Schulter nahm und vor allem erste Anzeichen eines sich eventuell gerade ankündigendens "zu schnell" oder "zu viel" ernst nahm und sich entsprechend verhielt. Hatte sie im Grunde ja auch. Sie hatte ihm doch erzählt was in ihr vorging. Und sie war sehr froh darüber.
Sie mochte sich nichtmal vorstellen, wie er reagiert hätte wenn sie ihm diese Informationen tatsächlich zunächst vorenthalten hätte. Außerdem traute sie ihm manchmal mehr als sich selbst. Ihr gefiel zwar die Zwangspause gerade so überhaupt nicht, aber wenn sie ganz ehrlich zu sich selber war tat es ihr trotzdem gut einmal alles Erlebte sacken zu lassen. Er hatte das nur mal wieder schneller gewusst. Und er hätte, gesetzt dem Fall sie wäre physisch bei ihm gewesen, nicht gezögert der Richtigkeit und Wichtigkeit seiner Einschätzung handfest Nachdruck zu verleihen. Seine Beschreibungen hatten ihr einen kleinen Einblick vermittelt und ihre überaktive Fantasie hatte dazu beigetragen, dass sie Grusel vor einem tatsächlichen Erlebnis dieser Art empfand.
Klammern machten bestimmt einen ganz ekelhaften Schmerz und Alice wollte an die möglichen Stellen, die er wählen würde nicht einmal denken. Ganz zu schweigen von Strom. Trotzdem sah sie ihn vor ihrem inneren Auge und war sich sehr sicher, wie die Situation ablaufen würde. Klammern rauf, böse gucken, zwei tadelnde Sätze, ein Versprechen ihrerseits, Klammern runter und gut wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht seine Art die Angelegenheit handzuhaben.
Nein, er würde das Ganze zelebrieren, sich Zeit lassen, den Moment auskosten und sie leiden lassen. Sie würde für ihre sorglose Unüberlegtheit und ihre leichtsinnige Haltung bezahlen und zukünftig genauer nachdenken und Risiken verantwortlicher abwägen. Damian würde mit ruhiger, aber sadistischer Hartnäckigkeit dafür sorgen, dass sie begriff, dessen war sie sich gewiss. Doch vorerst war sie sicher vor dieser Art von Behandlung. Dachte sie.
Am nächsten Tag hatte Damian das Thema nochmal ausgepackt und schon bei seiner Frage, wo Alice ihre Wäsche zum trocknen aufhänge, war ihr klar gewesen, was nun käme. Er hatte sie eine Holzklammer holen lassen, Holz, keinesfalls Plastik, darauf hatte er bestanden und Alice musste ihre rechte Brust frei machen. Ein dürftiger und alles andere als überzeugender Impuls des Widerstandes hatte sich schwächlich in ihr bemerkbar gemacht, war aber von der erschreckend gewaltigen Bereitschaft sich zu fügen weggefegt worden.
Soweit Alice sich erinnerte hatte sie nicht einmal den müden Versuch unternommen das Kommende abzuwehren und obwohl sie mit Schaudern und voller Argwohn dem bisher unbekannten Schmerz zu entrinnen hoffte hatte sie Damian nahezu widerspruchslos gehorcht.
Ein Funken Restverstand war zwischen der Fülle der Gefühle von Scham, Fügsamkeit und Erkennen aufgeglimmt und hatte ihr die Frage gestellt, was sie da eigentlich gerade machte. Alice hatte keine Zeit zu antworten, sie war damit beschäftigt Damians Anweisungen umzusetzen, was ihre Ratio umso absonderlicher fand. Dieser Teil von ihr hatte es sodann vorgezogen das Schauspiel von Außen zu betrachten und kopfschüttelnd auf die törichte Absurdität zu blicken, die sich ihm soeben darbot, es schenkte ihm ohnehin gerade niemand Gehör.
Alice hatte sich also voller Verlegenheit und zittrig die Holzklammer auf den äußeren rechten Brusthof geklemmt und mit großem Erstaunen festgestellt, dass der bissige, kneifende Schmerz den sie befürchtet hatte ausgeblieben war. Es tat nicht im Geringsten weh. Sie hatte aber keine Zeit dazu gehabt, ausgiebig über diesen Irrtum nachzudenken, denn Damian forderte Berichterstattung und befahl ihr unverzüglich, die Klammer nun direkt auf dem Nippel zu platzieren.
Getäuscht von der vorausgegangenen Erfahrung des ausgebliebenen Schmerzes gehorchte sie ohne zu zögern, ließ die Klammer zuschnappen und musste ein Aufjaulen unterdrücken. Ihgitt! Was für ein abscheulicher Schmerz! Sie beeilte sich Damian zu beschreiben was sie empfand und er erlaubte ihr dem Himmel sei Dank die Klammer direkt wieder abzunehmen und die Stelle zu massieren. Es zwickte und zwackte und Alice empfand eine Welle der Dankbarkeit darüber, dass Damian ihrem Leid so schnell ein Ende gemacht hatte. Diesmal.
War sie auch immer noch von Scham und Irritation vernebelt, wusste sie doch zweifellos, dass sie diesem Schmerz nicht zum letzten Mal begegnet war. Beschämt und verunsichert wartete sie darauf, dass ihr Verstand seinen angestammten Platz wieder einnahm und ihr dabei half, die Fassung zurückzugewinnen.
Das war keine Strafe gewesen. Es diente lediglich dazu, Damian ein erstes Bild darüber zu vermitteln, wie Alice diese Art von Schmerz empfand und verarbeitete. Und es diente dazu, kommende Erlebnisse ähnlicher Art einzuleiten. Unbekümmert hatte Damian ihr gesagt, dass normalerweise er derjenige sei, der die Klammern setze, da sie aber so weit weg sei, müsse sie nun eben selbst herhalten.
Unbekümmert war Alice ganz und gar nicht gewesen. Eine tiefe Irritation hatte sie ergriffen. Auch wenn sie nicht zum ersten Mal Damians Anweisungen umgesetzt hatte, diesmal hatte es ihr, nein, hatte sie sich selbst den Boden unter den Füßen weggezogen.
Ihr war nicht klar gewesen, wie fügsam sie sein konnte und sie wusste wirklich nicht ob ihr diese Fähigkeit gefiel. Den ganzen Nachmittag über hatte sie immer wieder daran denken müssen und sie hätte darauf gewettet, dass sie jedesmal zutiefst errötet war.
Diese Mischung aus Scham, Erregung, Hilflosigkeit und Dankbarkeit verwirrte sie zutiefst, und die Tatsache, dass zusätzliche Emotionen zwar Raum in ihr beanspruchten, sich aber nicht in erfassbarer Klarheit zu erkennen gaben, hatte sie taumeln lassen. Ihre mannigfaltigen und zum Teil gegensätzlichen Empfindungen waren für sie kaum sortierbar, geschweige denn analysierbar und hatten sich so sehr vermischt, dass Alice es vorerst aufgegeben hatte ein Verstehen erzwingen zu wollen.
Das Wechselbad der Gefühle hatte angedauert, bis Damian ein paar Worte dazu verloren hatte und ihr erklärt hatte, dass ihm ihre Folgsamkeit durchaus gefalle und ihr damit ein außerordentlich beruhigendes Gefühl von Angekommen sein und entkrampfter Stille geschenkt hatte.
Die Erkenntnis, dass genau das ihre Irritation eigentlich ins Heillose hätten steigern müssen, weil sie rundum zufrieden damit war, dass es ihm gefallen hatte und die Frage, ob sie selber diesen bereitwilligen Gehorsam an sich mochte vollständig verdrängt hatte, diese Erkenntnis hatte sie ersteinmal desinteressiert an sich vorbeiziehen lassen. Damit könnte sie sich ein anderes mal befassen.
Alice schließt ihren Laptop.